Der exponentielle Kursanstieg des Bitcoins und seine wachsende Beliebtheit haben in den vergangenen Jahren das Interesse zahlreicher Investoren geweckt. Manche Experten fragen sich, ob der Bitcoin (BTC) in der Lage ist, im Anlageportfolio eine ähnliche Rolle zu spielen wie physisches Gold. Andere gehen sogar soweit, der berühmten Kryptowährung die gleichen Fundamentaldaten zuzuschreiben wie Gold. Doch kann man das Metall, einen greifbaren Vermögenswert, wirklich mit einem virtuellen Asset vergleichen? Trotz einiger Ähnlichkeiten zwischen den beiden Aktiva, insbesondere ihrem begrenzten Angebot und ihrer Rolle als Alternative zu den Fiatwährungen, bestehen fundamentale Unterschiede, mit denen sich potenzielle Investoren aufmerksam auseinandersetzen sollten.
Einer allgemein anerkannten Definition zufolge ist Geld ein Wertgegenstand, der drei Funktionen erfüllt: Er dient als Recheneinheit, Tauschmittel und Wertspeicher. Bitcoin und andere Kryptowährungen erfüllen diese Definition von Geld nur teilweise und sehr unzureichend.
In einer Hinsicht ist Gold allen anderen Finanzwerten überlegen: In seiner Dauerhaftigkeit. Gold dient seit 5.000 Jahren als Währung und ist die einzige, die in ihrer Originalform überlebt hat. Wenn eine Währung derart viele Epochen und Krisen überstanden hat, ist das sicher ein ausreichender Beweis ihrer soliden Eigenschaften. Wer argumentiert, dass Bitcoin oder andere Kryptowährungen nach einer Existenz von nur einem Jahrzehnt die Rolle von Gold übernehmen könnten, hat sich um einige Jahrtausende geirrt. Kryptowährungen sind eine so neue Erscheinung, dass sie sich noch stark verändern werden, selbst wenn sie fortbestehen sollten. Ihre Dauerhaftigkeit in ihrer aktuellen Form ist daher äußerst zweifelhaft.
Bislang war der Bitcoin nicht reglementiert. Wenn die Behörden demnächst beschließen, ihn als Anlageform zuzulassen und zu reglementieren, werden sich die Spielregeln ändern: Es wird für Bitcoin keine Anonymität und keinen Schwarzmarkt mehr geben. Das könnte auch seinen Wert stark beeinflussen. Gold wird im Vergleich dazu stabiler bleiben. Die Zentralbanken könnten den Bitcoin außerdem verbieten, sobald sie ihre eigene Digitalwährung (Central Bank Digital Currency, CBDC) einführen. Da der Bitcoin an keinerlei Vermögenswert und an keine Zentralbank gekoppelt ist, wäre er im Falle eines Verbots kaum noch etwas wert.
Gold ist seit Jahrtausenden sowohl als Wertspeicher als auch als wichtiges und greifbares Tauschmittel anerkannt. Nicht nur Privatanleger, sondern auch institutionelle Investoren und Zentralbanken auf der ganzen Welt halten Gold. Das Edelmetall findet zunehmend technologische Anwendungsbereiche, insbesondere in der Elektronik, und ist als Schmuck nach wie vor äußerst beliebt. Das gilt ganz besonders für China und Indien, wo Gold eine starke kulturelle und religiöse Bedeutung zukommt. Diese Doppelnatur des gelben Metalls, das einerseits Investition und andererseits Konsumgut ist, unterscheidet es von anderen Vermögenswerten. Dies äußerte sich oft in einer starken Performance von Gold, sei es in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder in Zeiten wirtschaftlichen Wachstums.
Der Bitcoin ist im Gegensatz dazu selbstverständlich digital – nicht greifbar – und die Nachfrage nach ihm konzentriert sich viel stärker auf eine einzige Quelle, da er hauptsächlich als Investment genutzt wird.
Die Volatilität des Bitcoin-Kurses könnte darauf hindeuten, dass er in erster Linie auf spekulative Preisdynamiken reagiert und weniger als langfristiges Mittel zum Werterhalt dient.
Der Preis des Bitcoins ist in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen und hat sich 2020 sogar vervierfacht. Diese Hausse hat die Aufmerksamkeit zahlreicher Privatanleger auf sich gezogen und selbst bei institutionellen Investoren Interesse geweckt. Allerdings gehen solche Kursentwicklungen oft auch mit großen Risiken einher und die Bitcoin-Hausse wurde von einer beachtlichen Volatilität begleitet. Im Laufe der letzten beiden Jahre war Bitcoin 4,5-mal volatiler als Gold.
Manche preisen den Bitcoin als Mittel zur Streuung des Portfolios, aber bislang hat er eine stärkere Korrelation zum Aktienmarkt gezeigt als Gold, insbesondere in Phasen der Spannungen an den Aktienmärkten.
Auch massive Orders von sogenannten „Walen“, d. h. von Personen, die mehr als 1000 BTC halten, können starke Volatilität auslösen. Kritiker des Kryptowährungs-Ökosystems sagen, dass die Wale in dieser Anlageklasse zu einer Zentralisierung führen, die möglicherweise ausgeprägter ist als an den traditionellen Finanzmärkten. Ein Bericht von Bloomberg schätzt, dass 2 % aller Konten mehr als 95 % aller Bitcoins kontrollieren. Der Bitcoin-Markt ist daher potenziell leicht zu manipulieren.
Gold repräsentierte fünf Jahrtausende lang konstante Kaufkraft gemessen in Gramm oder Unzen. Vom Bitcoin kann man schwerlich Ähnliches behaupten. Zudem ist die Volatilität seines Preises völlig unangemessen, um ihn als „Währung“ bezeichnen oder gar verwenden zu können.
In bestimmten Momenten hat Bitcoin ein ähnliches Verhalten wie die sicheren Häfen der Finanzwelt gezeigt, denn er schien sich in die gleiche Richtung zu entwickeln wie traditionelle Absicherungen, u. a. Gold. Dennoch lässt sich bislang keine Konstanz dieses Verhaltens feststellen. Im März 2020 ist der Bitcoin-Kurs beispielsweise um mehr als 40 % eingebrochen und beendete den Monat mit 25 % im Minus. Der Goldkurs ging dagegen zunächst 8 % zurück, kehrte dann aber schnell wieder zu seinem Ausgangsniveau zurück und setzte seine Hausse fort, als die Investoren ihren Portfolios weiterhin Gold als Absicherung hinzufügten.
Darüber hinaus scheint sich eine starke positive Korrelation zwischen dem Bitcoin und traditionellen Anlageklassen wie den Aktien herausgebildet zu haben. Die Korrelation zum Nasdaq liegt bei etwa 0,8, während sie gegenüber dem S&P 500 nur rund 0,5 beträgt. Dieses Phänomen beunruhigt sowohl die Krypto- als auch die Aktienanleger, die den Eindruck haben, dass die Entwicklung der einen oder anderen Anlageklasse dadurch in die falsche Richtung gelenkt werden könnte. Das ist die Kehrseite der Popularisierung von Bitcoin innerhalb der klassischen Finanzmärkte. Er ist nun den gleichen Trends zur Risikovermeidung seitens der Großinvestoren unterworfen. Der IWF hat die wachsende Verknüpfung zwischen den Kryptowährungen und den Aktien hervorgehoben und sich besorgt über die Möglichkeit geäußert, dass die Kryptowährung Instabilitäten im Finanzsystem provozieren könnten. Nach Einschätzung der Bank Morgan Stanley „ist die Korrelation zwischen Bitcoin und den Aktienindices erhöht und wird dies auch weiterhin sein, solange der Bitcoin nicht weithin als Zahlungsmittel verwendet wird – was in der nahen Zukunft unwahrscheinlich scheint.“
Diese Korrelation sollten Sie bei Ihrer Anlagestrategie maßgeblich berücksichtigen.
Darüber hinaus zählen die Tech-Werte und die Kryptowährungen zu den Aktiva, die am sensibelsten auf die Politik der Zentralbanken reagieren, insbesondere der Fed. Weltweit haben die Notenbanken 2020 und 2021 enorme Mengen an Liquidität in die Märkte gepumpt, um die Wirtschaft in der Pandemie zu stützen. Das hat zur Hausse der Kryptowährungen und des Nasdaq sowie anderer Risiko-Assets geführt. Doch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern sich gerade. Angesichts der neuerlichen Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank gehen die Investitionen zurück. An den Finanzmärkten ist weniger Geld im Umlauf, worunter der Nasdaq und die Kryptowährungen leiden.
Gold dient seit Jahrtausenden als funktionierender Vermögensspeicher. Zu verschiedenen Zeiten konnte das Edelmetall eine Rendite vorweisen, die den Aktien in nichts nachstand, und vor dem Hintergrund inflationärer Tendenzen oder geopolitischer Spannungen hat es traditionell gute Resultate erzielt. Der Goldmarkt ist äußerst liquide und fest etabliert. Das gelbe Metall spielt eine wichtige Rolle als Portfolio-Diversifizierung und hat seine negative Korrelation zur Entwicklung der Börse während Konjunkturabschwüngen wiederholt unter Beweis gestellt.
Der Markt für Kryptowährungen ist dagegen noch in der Entwicklung und die Kursperformance scheint in diesem Sektor stark vom Momentum im Zusammenhang mit den erhöhten Gewinnerwartungen der Investoren abzuhängen. Der Bitcoin war in den letzten Jahren viel volatiler als Gold, wodurch ein zusätzliches Risiko in die Anlageportfolios gelangt.
Auch die Investoren selbst sind der Ansicht, dass Kryptowährungen und Gold eine fundamental verschiedene Rolle im Portfolio zukommt. Eine 2019 vom World Gold Council durchgeführte Umfrage zeigt, dass die Anleger Kryptowährungen eher als spekulatives Investment betrachten und sie aufgrund der Möglichkeit kurzfristiger Gewinne schätzen. Physisches Gold wird dagegen aufgrund seiner strategischen Bedeutung für den langfristigen Vermögenserhalt und als Absicherung für riskantere Anlageoptionen geschätzt.
Da sowohl Gold als auch der Bitcoin mengenmäßig begrenzt sind, lässt das Gesetz von Angebot und Nachfrage eine Hausse ihrer jeweiligen Kurse vorhersagen.
Die beiden Assets können sich in einem breit gestreuten Portfolio gut gegenseitig ergänzen: Physisches Gold entspricht dem Wunsch nach Absicherung, während der Bitcoin eher dem Wunsch nach Risiko entspricht.
„Die Anhänger des Bitcoins werden uns sagen, dass er eine moderne Währung ist, die allen anderen überlegen ist. Vielleicht haben sie recht, aber das muss die Geschichte erst noch beweisen. Die elf Jahre, seit denen der Bitcoin existiert, sind wohl kaum ausreichend, um zu belegen, dass er sich besser schlagen wird als jede andere Währung. Vergessen wir nicht, dass in der Geschichte bis zum heutigen Tag keine einzige Währung in ihrer ursprünglichen Form überlebt hat, mit Ausnahme von Gold. Die 5000-jähruge Geschichte des Goldes als Währung machen das Edelmetall mit Sicherheit den Fiatwährungen und auch den Kryptowährungen überlegen. Die Gründe, aus denen wir zu Gold als ultimativem Vermögensschutz raten, können vom Bitcoin einfach nicht erfüllt werden. Abgesehen davon war BTC ein exzellentes spekulatives Investment und kann das auch in Zukunft bleiben (ohne dabei eine Währung zu sein). Die Geschichte wird zeigen, ob ich recht behalte.“ – Egon von Greyerz, Gründer der Matterhorn Asset Management AG (MAM)
„Gold und Silber stellen seit mehr als vier Jahrtausenden in allen Zivilisationen rund um den Globus Wertspeicher und Tauschmittel dar. Sie bieten eine beispiellose Zugänglichkeit ungeachtet der wirtschaftlichen Situation und des technologischen Wissens jedes Einzelnen. Gold ist die Währung letzter Instanz der Zentralbanken, Silber die des Volkes. Auch für die Kryptowährungen gibt es einen Platz, denn deren digitaler Charakter ist ein fundamentaler Unterschied zu Gold und Silber. Diese Eigenschaft garantiert jedoch, dass sie Gold und Silber niemals ersetzen können und den Wert der Metalle dadurch letztlich steigern werden. “ – Phil Baker, geschäftsführender Direkter von Hekla Mining Company
„Basierend auf der Kursentwicklung und den globalen Anwendungsmöglichkeiten des ‚digitalen Goldes‘ glauben wir, dass der Bitcoin in Zukunft eine Anlageklasse für die breite Öffentlichkeit sein wird. Während Gold einen offensichtlichen Wert hat und eine ganz klare Sicherheit bietet, ist das Aufwärtspotential beim Bitcoin enorm, wenn er seine aktuelle Entwicklung im Laufe des nächsten Jahrzehnts beibehält.“ – Daniel Ives, Direktor und Senior Analyst bei Wedbush Securities
„Ich bevorzuge Gold, weil es seit Jahrtausenden als sicherer Hafen dient – ein historischer Rekord –fünfmal weniger volatil ist als der Bitcoin und nicht dem gleichen Konkurrenzrisiko unterliegt. An dem Tag, an dem Queen Elizabeth die fünf Pfund Gold in ihrer Krone gegen Kryptowährungen tauscht, werde ich meine Meinung ändern.“ – David Rosenberg, ehemaliger Chefökonom und Stratege bei Merrill Lynch Canada und Merrill Lynch New York
„Eine der Hypothesen, auf denen die bullischen Prognosen für den Bitcoin beruhen, ist sein begrenztes Angebot, doch das Angebot an Kryptowährungen ist theoretisch unbegrenzt. Manche preisen die Vorzüge des Bitcoins zur Diversifizierung des Portfolios, doch bislang hat er eine stärkere Korrelation gegenüber den Aktien gezeigt als gegenüber Gold, insbesondere während Spannungen an den Aktienmärkten, wenn eine Streuung typischerweise den größten Mehrwert bringt. Die Nachfrage nach Bitcoin ist möglicherweise zu stark im Verhältnis zur Wahrscheinlichkeit, dass er einen bedeutenden wirtschaftlichen oder finanziellen Anwendungsbereich findet.“ – Michael Reynolds, leitender Investmentstratege bei Glenmede
„Sowohl Kryptowährungen als auch Gold haben passionierte Investoren… Doch es bestehen ganz klare Unterschiede. Die Geschichte des Goldes als Basis von Währungssystemen weltweit reicht 5000 Jahre zurück und hat den Test der Zeit bestanden, während die des Bitcoins erst 10 Jahre alt ist und sich nur innerhalb eines einzigen Währungssystems ereignet hat. Die Standardabweichung des Bitcoin-Kurses beträgt 75 %, was ihn zu einem grauenhaften Wertspeicher macht. Die jüngste Kursgeschichte spiegelt einen starken Hang zu spekulativen Interessen wider, sodass selbst Unternehmen versucht sind, den Bitcoin in ihre Bilanzen aufzunehmen, in der Hoffnung, dass ihre Assets dadurch stärker wachsen als durch das Unternehmensergebnis. Die Kryptowährung ist ein armseliger Geldersatz. In den USA sollen mit Kryptowährungen gemachte Gewinne in der Steuererklärung freiwillig offengelegt werden. Wenn eine Transaktion in Kryptowährungen dagegen automatisch eine Erklärung gegenüber den Steuerbehörden nach sich ziehen würde, so wie ein Maklergeschäft, könnten sich die spekulativen Aussichten verdüstern.“ – Robert Minter, leitender Investmentstratege bei Aberdeen Standard Investments