Vor zwei Jahrzehnten wurde allerorts verkündet, dass China die nächste Hegemonialmacht werden würde. Der Niedergang der USA in wirtschaftlicher, demografischer und sozialer Hinsicht wurde so unübersehbar, dass die Vereinigten Staaten Platz machen mussten für den Aufstieg einer neuen Supermacht – das war der übliche Lauf der Geschichte. Dabei wurde jedoch außer Acht gelassen, dass China denselben Weg einschlagen würde.

Der große wirtschaftliche Aufschwung Chinas, wie wir ihn kennen, begann in den 1980er Jahren. Nach mehreren Jahrzehnten des Kommunismus liberalisierte China seine Wirtschaft und öffnete sich dem Markt. Es schloss sich dem großen Marsch der Welt an, der 1945 von den Vereinigten Staaten initiiert worden war, und entwickelte sich mit beispielloser Geschwindigkeit. Dank eines Wachstums von mehr als 10 % pro Jahr bis zum Ende der 2000er Jahre gelang es dem Land, mehr als 800 Millionen Einwohner aus der Armut zu befreien, bei einer Bevölkerung von etwa 1,3 Milliarden Einwohnern. Als zentraler Akteur der Globalisierung wird auch China selbst von dieser abhängig: Während des großen Abschwungs im Zusammenhang mit der Finanzkrise von 2008 sinkt das BIP drastisch, und das Land versucht, sich wieder aufzubauen. Es geht neue Partnerschaften ein, insbesondere in Eurasien mit den Ländern der Neuen Seidenstraße. Gleichzeitig senkt das Land schrittweise seine Zinssätze, um Investitionen zu fördern, vor allem im Immobiliensektor, der stetig und in gewollt ausuferndem Maße wächst... Im Laufe der Jahre sieht sich China jedoch mit einer Reihe von Krisen konfrontiert: Zur Wirtschaftskrise kommen eine Bevölkerungs- und eine Immobilienkrise hinzu, zu denen sich nun auch noch die weltweite Gesundheitskrise gesellt, die ihren Ursprung in der Stadt Wuhan hatte, welche infolgedessen traurige Berühmtheit erlangte.

Seit einigen Jahren versucht das Land daher, seine Wirtschaft zu stützen, um den nationalen Anforderungen und den Bedürfnissen seiner Bevölkerung gerecht zu werden. Es greift dabei auf alle verfügbaren Mittel zurück, einschließlich des Aufkaufs privater Schulden durch den öffentlichen Sektor, um neue Liquidität zu schaffen, wie es die Vereinigten Staaten (und Europa) seit mehreren Jahren tun. Angesichts der tiefen ideologischen Unterschiede zwischen diesen beiden Staaten stellt sich die Frage, ob China seine Wirtschaft noch steuert oder ob auch hier die Wirtschaft die Macht übernommen hat... All diese Maßnahmen haben zu einem Anstieg der öffentlichen und privaten Verschuldung geführt, die mittlerweile fast 300 % des BIP erreicht.

Im Grunde genommen folgt China derselben Entwicklung wie das amerikanische Imperium, nur mit einer zeitlichen Verzögerung. Die Vereinigten Staaten erlebten ihren großen wirtschaftlichen, demografischen, industriellen und sozialen Aufschwung Anfang der 1950er Jahre, China hingegen erst dreißig Jahre später. Ebenso hat der Niedergang Chinas gerade erst begonnen, während der der Vereinigten Staaten bereits seit mehr als zwanzig Jahren im Gange ist. Im Laufe der Geschichte wurde eine Supermacht stets von der nächsten abgelöst. Auf das Italien des 17. Jahrhunderts folgten die Niederlande, auf diese wiederum England und anschließend die Vereinigten Staaten, in einem fortwährenden Zyklus bis zum heutigen 21. Jahrhundert, das nur darauf wartet, dass eine neue Hegemonialmacht das Ruder übernimmt.

In dieser Zeit des Auf und Ab ist die Konkurrenz zwischen den beiden Weltmächten stärker präsent denn je. Die Vereinigten Staaten versuchen, ihre Vorherrschaft zu behaupten, während China darauf hinarbeitet, das amerikanische Imperium endgültig zu Fall zu bringen. Diese Konfrontation zeigt sich in der Entwicklung ihrer Binnenmärkte, aber auch in ihren Allianzen und Rivalitäten im Ausland. Jedes Land trachtet danach, das eigene Wachstum anzukurbeln – daher rührt ihr Wettstreit in wirtschaftlichen und geopolitischen Fragen sowie in den Bereichen neue Technologien, Militärindustrie und erneuerbare Energien. Bestimmte Länder und Kontinente müssen die Folgen dessen tragen, darunter Taiwan, das für beide Mächte unabhängig von ihren jeweiligen Ansprüchen interessant ist.

Die beiden Mächte konkurrieren auch in anderer Form miteinander, insbesondere in ihrer Rolle als weltweit größte Kreditgeber. Mit der Gründung des IWF und der Weltbank sowie der Einführung des Marshallplans waren die Vereinigten Staaten lange Zeit der wichtigste Gläubiger der Welt, insbesondere in Lateinamerika. Dieser Trend hat sich jedoch umgekehrt, und China hat diese Position nun mittels einer anderen Strategie übernommen, insbesondere in Afrika.

Schließlich kann es auch zu direkter Konfrontation kommen, wie beispielsweise beim Handelskrieg seit 2018, beim Währungskrieg und der damit einhergehenden Entdollarisierung Chinas (Verkauf von US-Anleihen, Ausbau des Handels in anderen Währungen als dem Dollar...) oder auch durch Pekings Goldkäufe. Durch diese Käufe kann China die Macht der USA schwächen, indem es den Einfluss des Dollars verringert und so die Voraussetzungen für ein neues internationales Finanzsystem schafft. Zumal die Käufe des Landes lange Zeit vor der Öffentlichkeit geheim gehalten wurden, um ihre tatsächlichen Auswirkungen zu verschleiern. Auf diese Weise ist China in den letzten Jahren zum größten Goldkäufer geworden und steht nun an sechster Stelle der Staaten mit den größten offiziellen Goldreserven.

Worauf basiert also die Rivalität zwischen China und den USA? Auf dem Streben nach Wachstum oder, aus philosophischer Sicht, auf dem Streben nach Macht. Beide Länder streben nach ständigem Wachstum, und angesichts ihrer hohen Verschuldung müssen sie Wachstum generieren, um die für die Rückzahlung dieser Kredite erforderlichen Einnahmen zu erzielen.

Dennoch wollte China nie die Rolle einer Hegemonialmacht übernehmen. Obwohl es ebenso mächtige Institutionen und Strukturen wie die Vereinigten Staaten geschaffen hat (multinationale Unternehmen, Universitäten, Infrastrukturen usw.), blieben diese Kräfte im Wesentlichen auf das Land selbst konzentriert, aus dem einfachen Grund, dass die chinesische Ideologie in ihrer Geschichte nie eine hegemoniale, globale Ausrichtung hatte. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, deren Kultur sich nach den Gesetzen des Liberalismus in der ganzen Welt ausbreitet, hat sich China lediglich für seine eigene Entwicklung inspirieren lassen, ohne sein Modell über seine Grenzen hinaus zu exportieren.

So ist es heute offensichtlich, dass nach der unipolaren Weltordnung, die wir hinter uns lassen, nicht eine weitere Ordnung folgen wird, die von einer unipolaren Macht geprägt ist, wenngleich China als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt der Hauptanwärter wäre. Wenn nun aber China, dessen Niedergang bereits begonnen hat, nicht bereit ist, die Nachfolge der USA anzutreten, sobald das amerikanische Imperium seine Macht abgegeben hat, wer wird die Welt dann künftig führen? Die Antwort beginnt sich vor unseren Augen abzuzeichnen...

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