In einem durch zahlreiche Herausforderungen und ein Klima der Unsicherheit gekennzeichnetem internationalen Umfeld zieht Gold wachsendes Interesse auf sich. Die fortschreitende Deglobalisierung und aktuelle Bestrebungen auf gesellschaftlicher Ebene verstärken zudem die Bedeutung, die dem unabhängigen Vermögenswert zukommt, der keiner staatlichen Autorität unterliegt. Während die neue Welt noch auf sich warten lässt, sind es schließlich in erster Linie die Zentralbanken des „globalen Südens“, die Gold kaufen. Klares Zeichen eines tiefgreifenden Wandels, während verschiedene Mächte danach trachten, das internationale Finanzsystem zu ändern.

Zu Beginn dieses Jahres bleibt die Goldnachfrage der Notenbanken auf sehr hohem Niveau. Im Januar wurden fast 40 Tonnen Gold zugekauft, womit sich der Trend der letzten Monate fortsetzt. 2023 waren die Goldkäufe besonders umfangreich: Die Zentralbanken stockten ihre Bestände insgesamt um mehr als 1000 Tonnen auf, fast so viel wie 2022. Der Goldpreis erreicht daher heute sowohl in Dollar als auch in Euro einen neuen Rekord. Diese Entwicklung ist umso erstaunlicher angesichts der gestiegenen Zinsen, die die Attraktivität von Gold aufgrund dessen fehlender Rendite in der Vergangenheit schmälerten.

Eine Welt im Wandel

In diesem Kontext spielt China eine entscheidende Rolle. Angesichts der Turbulenzen an den Finanz- und Immobilienmärkten des Landes, die durch die Instabilität in verschiedenen Regionen gekennzeichnet sind, stockt die Regierung unter Xi Jinping seit mehr als einem Jahr monatlich ihre Goldreserven auf. China hält heute die sechsgrößten Goldbestände weltweit, wobei die Gesamtreserven des Landes mit Sicherheit höher sind als die offiziellen Angaben.

Ein globaler Wandel vollzieht sich. Im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten sind es nicht mehr die Zentralbanken der westlichen Staaten, die das meiste Gold kaufen, sondern östliche Staaten und Länder des „globalen Südens“. Die umfangreichsten Käufe wurden im Januar von der Türkei, China, Indien, Kasachstan und Jordanien getätigt. Obwohl sie geringere Goldreserven besitzen als die Industriestaaten, kaufen sie deutlich mehr Gold zu. Das ist Zeichen einer historischen Entwicklung, einer Umkehrung der globalen Machtverhältnisse und des Aufstiegs neuer Staaten auf der internationalen Bühne. Ihre Absicht, die Hegemonie des Dollars zu zerstören, ist von zentraler Bedeutung, während das amerikanische Haushaltsdefizit, der exponentielle Anstieg der Staatsschulden und die internationalen Konflikte die Stabilität der US-Währung zunehmend bedrohen.

Eine strategische Entscheidung

Das Interesse dieser Länder an Gold ist zugleich Anzeichen für einen Vertrauensverlust gegenüber westlich geführten Institutionen und unilateral durchgesetzten Regeln. Die Tatsache, dass das SWIFT-System von den USA als Instrument für Sanktionen verwendet wird – sei es 2015 gegen den Iran oder 2022 gegen Russland – war ein entscheidender Faktor. Um Gold zu beschaffen, verschleiern zahlreiche Institutionen heute den Umfang ihrer Käufe gegenüber dem IWF oder greifen auf alternative Finanzinstrumente zurück. Mehr als 50 % der Transaktionen der Notenbanken am Goldmarkt werden heutzutage anonym durchgeführt.

Die Länder des „globalen Südens“ sind darüber hinaus wichtige Rohstoffexporteure (vor allem in Bezug auf kritische Rohstoffe) und ihnen ist folglich sehr deutlich bewusst, dass Gold ebenfalls eine echte Ressource ist – im Gegensatz zu Geld, das lediglich eine gesellschaftliche Konvention darstellt, die allein auf dem Vertrauen seiner Nutzer beruht. In einer Welt, in der sich zahlreiche Staaten mit Schulden in Rekordhöhe konfrontiert sehen, deren Rückzahlung durch den Anstieg der Zinsen erschwert wird, entwickelt sich der Besitz realer Vermögenswerte wie Gold zu einer Frage der Stabilität und damit zum höchsten Gebot.

Als Wert, der unabhängig von der Geldpolitik sowie von Kredit- und Gegenparteirisiken ist, stellt Gold eine Form der Versicherung dar. Gläubiger und Investoren berücksichtigen, dass Länder, die ihre Goldreserven erhöhen, sich gegen finanzielle Instabilität absichern. Dies setzt häufig einen positiven Kreislauf in Gang, der diesen Staaten den Zugang zu ausländischem Kapital erleichtert und hilft, die Kreditkosten zu senken.

Eine neu Ära ?

Wenngleich die Zentralbanken seit mehreren Jahren regelmäßig Gold erwerben, ist der Anteil des gelben Metalls an ihren Reserven heute deutlich geringer als in der Vergangenheit. Während Gold aktuell 20 % der Aktiva in ihrer Bilanz ausmacht, waren es in den 1980er Jahren noch mehr als 70 %. Als die internationalen Spannungen dank Finanzglobalisierung und leicht verfügbarem, billigen Geld nachließen, reduzierten die Notenbanken ihre Goldbestände. Während der Finanzkrise 2007-2008 (die dieser Illusion ein Ende setzte) entsprach Gold lediglich 10 % der Geld- und Devisenreserven dieser Institutionen.

Doch aufgrund von internationalen Konflikten und anhaltender Instabilität im Finanzsystem nehmen die Bestände seit 2008 wieder stetig zu. Dieser Trend sollte sich mindestens so lange fortsetzen, bis der Goldanteil der Gesamtreserven in einigen Jahren wieder bei 40 % liegt, dem historischen Durchschnittswert.

Alles in allem deuten mehrere Faktoren darauf hin, dass für Gold eine ganz neue Ära beginnt, die sich klar von früheren Epochen unterscheidet:

  • Die Nachfrage wird hauptsächlich von öffentlichen Institutionen getragen, den Zentralbanken. Weltweit beobachten die Investoren diese Käufe sehr genau.
  • Gold entflieht seiner historischen Beziehung zum US-Dollar.
  • Zahlreiche Staaten werden weiterhin die Entdollarisierung von Handel und Währungsreserven als Ziel verfolgen.
  • Die politische und wirtschaftliche Unsicherheit wird zunehmen, insbesondere in diesem Jahr, in dem weltweit wichtige Wahlen bevorstehen, die 60 % des globalen BIP betreffen.
  • Die Inflation wird vor allem in westlichen Staaten anhalten, hauptsächlich aufgrund der weltweiten Rekordverschuldung, der demografischen Entwicklungen, der zunehmenden Knappheiten, des Klimawandels, des digitalen Wandels, der Rückkehr zum Protektionismus und der internationalen Konflikte.
  • The de-dollarization of trade and reserves will continue to guide many countries.

Die Inflation sollte darüber hinaus auch die Goldkäufe privater Investoren ankurbeln. Zu einem der am stärksten betroffenen Staaten scheint Deutschland zu gehören. In einem Land, das in einem Jahrhundert acht verschiedene Währungen hatte, und wo sich die Hyperinflation der 1930er Jahre in das kollektive Gedächtnis eingegraben hat, wird Gold als Mittel zum Vermögensschutz betrachtet. Nach der Finanzkrise von 2008, als die Anleiherenditen immer weiter sanken, kauften die Deutschen mehr Gold als je zuvor. Trotz des Wiederanstiegs der Zinsen mindert die Inflation heute den tatsächlichen Wert der Renditen, was für viele Anleger ein neuer Grund für Goldkäufe zu sein scheint, sowohl in Deutschland als auch anderswo.

Der Kauf von Gold spiegelt zu guter Letzt auch die Tendenzen und Bestrebungen unserer heutigen Zeit wider. Während die Interdependenz der Staaten infolge fortschreitender Deglobalisierung abnimmt und die Wiederherstellung starker Grenzen für viele Länder zur Notwendigkeit wird, ist Gold, von Natur aus frei von fremder Einflussnahme, ein Synonym für Souveränität. Auf individueller Ebene führt ein wachsender Wunsch nach Freiheit innerhalb von Gesellschaften, die hin zur permanenten Überwachung tendieren, dazu, dass eine Vielzahl von Privatpersonen sich diesem unabhängigen Vermögenswert zuwendet. Die Einführung von digitalem Zentralbankgeld wird in diesem Zusammenhang übrigens als Katalysator wirken…

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