Der BRICS-Gipfel 2025, der dieses Jahr in Rio de Janeiro stattfand, ist kürzlich zu Ende gegangen und erinnert uns daran, dass sich das Zentrum der Weltwirtschaft allmählich vom Westen in den Osten verlagert. Neben wichtigen Erklärungen zur globalen Ordnung und dem offensichtlichen Wandel von einer unipolaren zu einer multipolaren Welt stellten die BRICS-Staaten angesichts der Mängel des Völkerrechts das vom Westen propagierte Erbe der Aufklärung in Frage.
Die nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte internationale Ordnung wurde zugunsten der westlichen Länder und auf Kosten des Rests der Welt errichtet. Wir können es nicht oft genug wiederholen: Jede Ungerechtigkeit trägt den Keim ihres eigenen Untergangs bereits in sich. Diesen Satz sollten die westlichen Staaten zur Kenntnis nehmen, denn sie sehen ohnmächtig zu, wie eine neue Welt entsteht, über die sie keine Kontrolle mehr haben. Die seit mehr als einem halben Jahrhundert herrschenden „doppelten Standards“ werden nicht mehr akzeptiert, und die BRICS-Staaten wollten das in diesem Jahr deutlich machen. Dies zeigt sich heute in einseitigen Sanktionen und Verstößen gegen das Völkerrecht (im Bereich Recht, Handel usw.). Die Illusion eines vermeintlich friedlichen und universellen internationalen Systems ist an der Realität des Krieges in der Ukraine und in Gaza zerbrochen.
Diese Zeit ist auch eine Rückkehr zum Gesetz des Stärkeren. Steigende Zinsen und das Ende des billigen Geldes lassen es nicht mehr zu, den Frieden auf Pump auf unbestimmte Zeit zu garantieren, schon gar nicht mit allen BRICS-Staaten, die in den vergangenen Jahrzehnten vom internationalen Finanzsystem benachteiligt wurden.
Die Zusammenkunft war Anlass für neue Erklärungen der BRICS-Staaten. Neben der Unterzeichnung gemeinsamer Projekte (ein Abkommen über Weltraum- und Solartechnologie zwischen Brasilien und Indien, über Pharmazeutika und Impfstoffforschung zwischen Indien und Südafrika...) stand das Thema „Global Governance“ im Vordergrund. Das Ziel ist klar: Die globale Ordnung soll reformiert werden, um die Welt von morgen zu lenken. Für das Staatenbündnis, das heute fast die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentiert, wird dieses Anliegen immer dringlicher. Von Reform zu sprechen ist immer leichter, als die Beseitigung des herrschenden Systems oder einen abrupten Umbruch zu fordern, denn der Mensch verabscheut das Vakuum ebenso sehr wie das Ungleichgewicht... Daher stellte sich die Frage nach einer Reformierung der Finanzinstitutionen (IWF, Weltbank), aber auch der Vereinten Nationen, um neue Länder in den Sicherheitsrat aufzunehmen, darunter Brasilien und Indien. Ein wichtiges Thema, denn der Sicherheitsrat bleibt das Hauptorgan für wirtschaftliche und diplomatische Sanktionen. Der Aufstieg der Neuen Entwicklungsbank (der BRICS-Bank) stand ebenfalls auf der Tagesordnung, um die Kreditaufnahme in Dollar zu umgehen und den Umlauf lokaler Währungen zu erhöhen (China nutzt den Yuan bereits für 30 % seines Handels). Im Finanzbereich soll das Zahlungssystem BRICS Pay als Alternative zum SWIFT-System weiter ausgebaut werden. Dieses basiert auf der Bankeninfrastruktur der BRICS-Staaten, ist bereits mit 75 Ländern verbunden und wird insbesondere in Peking und Moskau stark genutzt.
Im Zeitalter der künstlichen Intelligenz kam auch die Möglichkeit eines globalen Regulierungsrahmens zur Sprache, damit die Länder des Ostens (oder des Südens) diese Herausforderung steuern und sich an die Spitze der neuen technologischen Innovationen setzen können. Schließlich waren auch die Vorbereitungen zur Klimakonferenz COP30 ein Thema. Der Klimawandel, der weitgehend durch die Industrialisierung der Länder des Nordens verursacht wird, ist ein strategischer Hebel für die BRICS-Allianz. Indem sie sich als Opfer eines Modells darstellen, von dem sie nur wenig profitiert haben, und zugunsten der Umwelt handeln, versuchen sie, das globale Gleichgewicht neu zu definieren und sich auf der richtigen Seite der Geschichte zu positionieren. Nach der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992, dem Gründungsmoment der COP-Konferenzen, laufen in der brasilianischen Großstadt erneut die Vorbereitungen für eine Klimakonferenz, die Ende des Jahres stattfinden soll...
Die Infragestellung der heutigen Weltordnung betrifft jedoch nicht nur deren Institutionen. Sie zielt auch auf das westliche Denken im weitesten Sinne ab. Die BRICS-Staaten haben die dringende Notwendigkeit der Souveränität aller Nationen, das Ende der Globalisierung, wie wir sie kennen, und einen ideologischen Wandel angesichts der gesellschaftlichen Krise des Westens in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellt. Sie wenden sich ab von der alten Welt, die auf exzessiver Finanzialisierung und grenzenloser Produktion beruht, und stellen ein Modell vor, das wieder mit den menschlichen und natürlichen Realitäten verbunden ist. Die westliche Herrschaft, die von den säkularen griechisch-römischen Werten und später vom Humanismus der Aufklärung geerbt wurde, ist vor aller Augen an ihre Grenzen gestoßen. Der technologische und wirtschaftliche Fortschritt ging auf Kosten des menschlichen Fortschritts, heute sichtbar anhand von übersteigertem Individualismus, wachsender Ungleichheit, sozialen Spannungen, Schwächung der Demokratie usw. Als Konkurrenz zu diesem Modell versuchen die BRICS-Staaten das Bedürfnis nach Verwurzelung mit einer anderen Vision von Gemeinschaft zu verteidigen. Genau aus diesem Grund ist dieses Bündnis so attraktiv.
Auf wirtschaftlicher Ebene streben die BRICS-Staaten nach Unabhängigkeit in einer Welt, die erneut durch Knappheit gekennzeichnet ist und bekräftigen in diesem Zusammenhang ihre Fähigkeit, realen Wohlstand zu schaffen. Sie kontrollieren heute über 40 % der Ölproduktion, etwa 36 % der Gasproduktion und dank der Dominanz Chinas 70 % des Marktes für seltene Erden. Da Wirtschaftsleistung letztlich transformierte Energie ist und andere Wachstumsfaktoren an Bedeutung verlieren, wird diese Position zum strategischen Vorteil. Der Handel mit den westlichen Ländern bleibt aufgrund der starken gegenseitigen Abhängigkeit zwar weiterhin sehr wichtig für die BRICS. Aber ihre Dominanz in Energiefragen ermöglicht es ihnen heute – ganz so, als hätten sie eine Geisel, die in einem fremden Land festgehalten wird – zunehmend Druck auf die deindustrialisierten Länder auszuüben, insbesondere in Europa. Aus diesem Grund strebt Trump eine Reindustrialisierung der USA an: Er will die Dienstleistungswirtschaft (die heute 80 % der US-Wirtschaft ausmacht) in eine Güterwirtschaft verwandeln, um in Zukunft von keiner ausländischen Macht mehr abhängig zu sein.
Was den zeitlichen Rahmen angeht, sind die BRICS-Staaten mehrere Schritte voraus. Sie haben bereits vor Jahrzehnten erkannt, dass sie sich gegenläufig zu den westlichen Ländern entwickeln müssen, um ihren Fortbestand zu sichern. Ihre Wirtschaft (China, Indien, Russland ... ) wird nur zur Hälfte von Dienstleistungen (insbesondere Finanzdienstleistungen) getragen, während der restliche Teil auf Industrie und Landwirtschaft beruht. Ebenso ist ihre öffentliche und private Verschuldung im Vergleich zu den westlichen Mächten sehr gering, abgesehen von China, das lange Zeit danach strebte, die größte Weltmacht zu werden. Diese politischen Entscheidungen ermöglichen es ihnen, ihre Wirtschaft langfristig zu stabilisieren, ohne das Wachstum künstlich durch Kredite zu unterstützen. Aus demselben Grund sind die BRICS-Staaten heute auch die Länder, die am meisten Gold kaufen: Gold ist nicht nur ein unabhängiger Vermögenswert (der zur Rückkehr der Souveränität beiträgt), sondern auch eine mengenmäßig begrenzte, knappe Ressource, die physikalischen Grenzen unterworfen ist. Dieser weltweite Trend zeigt keine Anzeichen einer Abschwächung: Die Verwalter der Zentralbankreserven glauben zu 95 %, dass die von den Notenbanken gehaltenen Goldbestände in diesem Jahr weiter steigen werden, vor allem bei den BRICS-Staaten.
Dieser Gipfel 2025 in Rio hatte also nicht den Anspruch, revolutionär zu sein. In der Politik ist die Zeit der beste Verbündete. Jede geopolitische Veränderung findet über lange Zeiträume statt und wird durch die jeweiligen Machtverhältnisse modelliert. Das Ziel der BRICS-Staaten in diesem Jahr war es, diese Tatsache in Erinnerung zu rufen und zu zeigen, dass ihre gemeinsame Macht wächst.
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