Worin besteht die wahre Macht des Geldes? Geld ist der Dreh- und Angelpunkt des Handels. Seine Bedeutung erstreck sich jedoch auch auf den sozialen und kulturellen Bereich. Indem es Menschen miteinander verbindet, fördert es friedliche Beziehungen und spielt somit eine fast religiöse Rolle. Gleichzeitig erzeugt es durch seine schöpferische Kraft aber auch Gewalt, die sich sowohl in der räumlichen als auch in der zeitlichen Dimension ausbreitet. So schwankt das Geld stetig zwischen der Schaffung von Gewalt und Frieden und wird damit zu einem Spiegel des Gleichgewichts, das jeder Epoche eigen ist.
Thomas Cole: The Course of Empire: Destruction, 1836
Die Befriedung der menschlichen Beziehungen wird unter anderem durch die Schöpfung von Geld ermöglicht. In einer primitiven Gesellschaft oder einer Gesellschaft ohne Geld als Vermittler wohnt jedem Tauschgeschäft ein gewisses Konfliktpotenzial inne, denn es gibt keine Einheit, die die Erwartungen und Wünsche der Handelspartner auf neutrale Weise ausgleichen könnte.
Geld ermöglicht und erleichtert den Austausch zwischen zwei Individuen. Es vermittelt nicht nur, sondern trägt auch zur Emanzipierung von einer vermeintlich natürlichen Gewalt bei. Es schafft ein soziales Band und Vertrauen zwischen den Menschen, die an einem Tauschgeschäft beteiligt sind. Von Anfang an förderte die Verwendung des Aureus – einer Goldwährung – im Römischen Reich den Handel in einem Gebiet riesigen Ausmaßes, aber für eine gewisse Zeit auch die soziale Stabilität. Durch die Verwendung einer gemeinsamen Währung konnte Rom seine Autorität ausweiten und eine wirtschaftliche Verbindung zwischen kulturell unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen herstellen. Diese Währungsintegration war jahrhundertelang ein Stabilitätsfaktor, bevor Währungsabwertungen und finanzielle Krisen das Reich schwächten.
Die Geschichte des Geldes offenbart somit ein grundlegendes Paradoxon: Je mehr ein Staat zur Stärkung seiner Autorität auf die Geldschöpfung zurückgreift, desto mehr schwächt er nach und nach das Vertrauen in die Währung selbst. Dieses Phänomen ist über Jahrhunderte hinweg gut belegt, wie zum Beispiel im spanischen Kaiserreich im 16. Jahrhundert: Nach der Entdeckung der Gold- und Silberminen in Lateinamerika führte der massive Zufluss von Edelmetallen zu einer überbordenden Inflation, die die wirtschaftliche und politische Macht Spaniens allmählich zerstörte.
Was auf individueller Ebene gilt, lässt sich unter gleichen Umständen auch auf die nationale und internationale Ebene übertragen. Geld ist ein wichtiger wirtschaftlicher Hebel, der soziale Spannungen eindämmen und politische Entscheidungen lenken kann. Es birgt sowohl auf individueller als auch auf staatlicher Ebene ein Gewaltpotenzial, das sich in Aufständen und Demonstrationen aller Art äußern kann. In Frankreich wurden beispielsweise die Proteste der Gelbwesten durch eine gezielte Erhöhung der Staatsausgaben (Sonderprämien, Steuersenkungen...) unterbrochen. Finanzielle Unterstützung des Staates für betroffene Personen kann helfen, bestehende Spannungen abzubauen: Frieden wird unter anderem mit Geld erkauft (ebenso wie in der Antike die Herrscher Brot und Spiele bereitstellten, um die soziale Ordnung aufrechtzuerhalten).
Der Frieden hat jedoch keinen Preis. Zwar hat Geld die Macht, Konflikte kurzfristig zu lösen, doch überträgt es diese Spannungen in der Regel in die Zukunft und auf die äußere Umgebung, sowohl zeitlich als auch räumlich. Geld ist weder neutral noch passiv. Es strukturiert soziale, wirtschaftliche und politische Beziehungen. Innerhalb unserer modernen Volkswirtschaften, in denen die Geldschöpfung hauptsächlich auf Krediten beruht, werden Schulden daher zu einem zentralen Instrument, um die Stabilität vorübergehend aufrechtzuerhalten. Dies gilt vor allem in unserer heutigen Zeit, wo Geld allein durch Kredite geschöpft wird: Schulden dienen den Mächtigen zur Prokrastination und zur Verschiebung grundlegender Probleme in die Zukunft. Infolgedessen wird die Zukunft für kommende Generationen umso mehr von Gewalt geprägt sein.
Gewalt und Frieden – Zyklen, die sich wiederholen
Bei einem langfristigen Blick auf die Geschichte zeigt sich, dass diese von bestimmten Zyklen geprägt ist: Zeiten der Währungsstabilität fallen oft mit Phasen des Wohlstands zusammen, während Zeiten der Hyperinflation oder übermäßigen Geldschöpfung oft mit Spannungen und Konflikten einhergehen. Wenn das soziale Gleichgewicht gewahrt bleibt, die Ungleichheit innerhalb einer Gesellschaft moderat ist und zwischen den verschiedenen Nationen wenig Spannungen bestehen, bleibt die Geldschöpfung begrenzt. Die Staatshaushalte weisen dann Überschüsse auf, die Ausgaben sind unter Kontrolle und die Zinssätze hoch. Umgekehrt gilt: Je stärker die Spannungen (ganz gleich welcher Art) in einer Epoche sind, desto mehr wird auf Kredite zurückgegriffen. Dies führt zu stetig wachsenden Defiziten, einer zunehmenden Verschuldung und sinkenden Zinssätzen zur Stützung dieser Finanzierungsmaßnahmen. Im Laufe der Zeit weitet sich die Geldschöpfung immer weiter aus, bis es schließlich zu einer oder mehreren Krisen kommt.
Kriegszeiten sind de facto immer durch exzessive Geldschöpfung gekennzeichnet. Während des Ersten Weltkriegs verschuldeten sich die europäischen Staaten zum Beispiel massiv. Dies führte in den 1920er Jahren zu Phasen der Hyperinflation, insbesondere in Deutschland, wo die Mark zusammenbrach. Heute ist dieses Phänomen in den USA zu beobachten: Sie sind mit 36 Billionen Dollar das am höchsten verschuldete Land der Welt und zudem seit über einem halben Jahrhundert konstant in Kriege aller Art verwickelt. Der Dollar hat in diesem Zeitraum real immer weiter an Wert verloren.
Sukzessive politische Umwälzungen
Da die Geldschöpfung von den politischen Umständen abhängt, ermöglicht sie es, Regimewechsel vorherzusagen. Währungskrisen fallen oft mit tiefgreifenden politischen und sozialen Veränderungen zusammen. Die Französische Revolution wurde beispielsweise durch eine große Steuer- und Währungskrise in einer Zeit der Hyperinflation ausgelöst. Dieses Ereignis beschleunigte den Fall des Ancien Régime und die Gründung der Ersten Republik 1792 wenige Jahre später. Geld hat sowohl einen politischen als auch einen wirtschaftlichen Charakter. In politisch angespannten Zeiten wird es oft für private Interessen instrumentalisiert. Sei es, wie wir bereits gesehen haben, um soziale Wogen zu glätten, oder um der herrschenden Macht zu dienen. Dies ist übrigens auch der Grund, warum einige Monate vor wichtigen Wahlen eine starke Zunahme der Geldschöpfung mittels öffentlicher Ausgaben zu beobachten ist. Die Gesundheitskrise diente Emmanuel Macron als Vorwand, um die französische Staatsverschuldung vor der Wahl im Jahr 2022 erheblich zu erhöhen.
Nach diesen Beobachtungen müssen wir feststellen, dass die heutige Zeit als gefährlicher denn je angesehen werden kann. Die Geschichte lehrt uns, dass monetäre Exzesse letztendlich immer zu Regimewechseln, aber auch zu gewaltsamen Brüchen führen. Heute erreicht die weltweite Verschuldung einen historischen Höchststand, die öffentlichen Defizite laufen aus dem Ruder, die Inflationsraten waren zeitweise sehr hoch, die Zinssätze wurden lange Zeit bis in den Minusbereich gesenkt und die Geldmenge wurde stärker ausgeweitet als je zuvor. Gleichzeitig nehmen geopolitische Konflikte zu und die Kriegstreiberei verschiedener Staaten manifestiert sich auf gefährliche Weise im Wiedererstarken nationalistischer Ideologien. Es ist offensichtlich, dass wir uns dem Ende eines Zyklus nähern. Die Geschichte zeigt uns, dass solche Phasen zum Zusammenbruch politischer Regime und zu großen Umwälzungen führen, wie es der Transhumanismus, die künstliche Intelligenz, die Robotik usw. ankündigen. Auch Währungsinstabilität und Hyperinflation bildeten in der Vergangenheit oft den Nährboden für Revolutionen oder das Aufkommen neuer Religionen und Ideologien. Das Christentum setzte sich nach dem Untergang des Römischen Reiches durch, der Islam nach dem Zerfall des Byzantinischen Reiches und der Kommunismus nach den Wirtschaftskrisen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Angesichts der aktuellen Gefahr eines großen finanziellen Bußgangs, könnte eine neue Ideologie entstehen. Im Kontext der heutigen globalen Herausforderungen wäre diese mit Sicherheit zutiefst revolutionär…
Die vollständige oder teilweise Vervielfältigung ist gestattet, sofern sie alle Text-Hyperlinks und einen Link zur ursprünglichen Quelle enthält.
Die in diesem Artikel bereitgestellten Informationen dienen rein informativen Zwecken und stellen keine Anlageberatung und keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung dar.