Was, wenn die Verschuldung gar kein ernsthaftes Problem darstellt? Wenn die weltweite Schuldenexplosion seit dem Beginn der Coronakrise keinerlei schädliche Folgen hat? Wenn wir vielleicht sogar einen Teil der Schulden wieder loswerden könnten, ohne uns dabei Schaden zuzufügen? Das ist das Litanei derjenigen, die für immer höhere Staatsausgaben plädieren, die glauben, dass nur dies uns aus der festgefahrenen Situation retten kann, dass wir einfach weiter Geld drucken müssen. Die Keynesianer schlagen zurück.
Ein erstes Argument ist, dass die Staatsschulden ohnehin nie zurückgezahlt werden, weil sie in Wirklichkeit nur verlängert werden: Sobald eine Anleihe fällig wird, erfolgt die Auszahlung unmittelbar in Form einer weiteren Anleihe. Die Schulden werden so kontinuierlich weiter Richtung Zukunft umgewälzt, und wie Keynes sagte, „langfristig werden wir alle tot sein“ – warum sich also Gedanken machen.
Ein weiteres Argument besteht darin, dass ein Teil der Schulden – der Teil, den die Zentralbanken halten – problemlos gestrichen werden könne. Tatsächlich haben die Zentralbanken im Rahmen ihrer als QE bekannten Anleihekäufe ja massenhaft staatliche Schuldtitel aufgekauft. Warum diese also nicht einfach streichen? Während es unmöglich ist, Staatsschulden zu streichen, die sich im Besitz von Wirtschaftsakteuren befinden, ohne Letztere (und über die Versicherungen und Banken auch Privatpersonen) in ernste Schwierigkeiten zu bringen und sich selbst den Vergeltungsmaßnahmen von Gläubigerstaaten auszusetzen, wäre die Entfernung der Schulden von der Bilanz der Zentralbanken eine rein buchhalterische Aktion ohne direkte Folgen. Die Banque de France hält beispielsweise 20% der französischen Staatsschulden. Dieser Betrag könnte mit einem einzigen Federstrich verschwinden, wie durch Magie.
Natürlich hätte das dennoch Konsequenzen: Die Zentralbank würde infolge dieses Loches in ihrer Bilanz massive Verluste verbuchen und müsste von ihrem einzigen Anteilseigner refinanziert werden. Und das ist niemand anderes als die Regierung. Letztlich eine Nullrechnung. Aber die Keynesianer lassen sich von diesem Detail nicht irritieren („tun wir so als ob“, „die Zentralbank rettet sich selbst mit ihrer Druckerpresse“), und nehmen wir einmal an, dass es funktioniert.
Wenn sich ein Gläubiger und ein Schuldner auf einen Schuldenschnitt verständigen, darf man eines nicht vergessen: Der Gläubiger hat einen Verlust zu verbuchen und die Umlaufmenge des Geldes in der Wirtschaft bleibt unverändert. Aber im Fall einer Zentralbank und ihrer Regierung wird das aus diesem Anlass neu geschaffene Geld nicht vernichtet, sondern zirkuliert weiter. Die Geldmenge erhöht sich also immer schneller und dies wird eines Tages zu einer ganz speziellen Art der Steuer führen: Inflation. Das ist die Strafe, die wir dafür zahlen müssen.
„Es gibt heute gar keine Inflation mehr, hör auf, uns Angst einzujagen“, erwidern daraufhin die Keynesianer. Auf Konsumgüter vielleicht nicht, dank des internationalen Wettbewerbs. Doch die Preissteigerungen schlagen sich schon seit Langem im Immobilienmarkt nieder und haben ernste Folgen für die Kaufkraft der privaten Haushalte. Sie sind auch an den Energiekosten abzulesen, insbesondere in Europa, zusammen mit den enormen Kosten der „Energiewende“. Vielleicht werden sie schon bald auch Nahrungsmittel mit gewissen Gesundheitsstandards betreffen.
In jedem Fall wird diese exzessive Geldschöpfung, dieses Geld, für das es keinen echten Gegenwert gibt, auf die eine oder andere Weise zu Inflation führen. Es ist illusorisch zu hoffen, dass wir dem entgehen könnten - das zeigt die Geschichte, auch die jüngere (siehe Jugoslawien, Simbabwe und Venezuela). Die Zentralbanken scheinen sich genau darauf vorzubereiten. Ein Mitglied des Board of Governors der US-Notenbank Federal Reserve erklärte kürzlich, dass er das strenge Inflationsziel von 2% pro Jahr aufgeben wolle (Reuters). Eine jährliche Inflationsrate von 2% ist allerdings nicht die “Preisstabilität”, mit der die Zentralbanken sich brüsten. Diese Zahl bedeutet, dass sich die Preise innerhalb von 35 Jahren verdoppeln – das ist weniger als die Dauer eines Arbeitslebens. Aber diese Einschränkung ist den Notenbankern bereits zu viel….
Zudem hängt die Inflationsrate nicht nur von der überschüssigen Geldmenge, sondern auch von der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ab. Letztere ist seit Jahren stetig gesunken und hat damit die Erhöhung des Geldangebots ausgeglichen, aber wie lange noch? Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes hängt in erster Linie von psychologischen Faktoren ab, die schwer zu messen sind. Beim geringsten Misstrauen in die Währung oder das Bankensystem schnellt die Umlaufgeschwindigkeit in die Höhe, und mit ihr die Preise. Die Keynesianer spielen mit dem Feuer und leider finden sie bei den Mächtigen Gehör. Wie können wir nur glauben, dass sich durch Währungsmanipulationen das Wachstum fördern ließe? Nur Arbeit, Innovation und Handel können Wohlstand schaffen, und die Währung muss stabil und unabhängig von politischer Macht sein. Sie ist das Öl im Getriebe, nicht weiter, aber wer ist heutzutage noch bereit, diese Sichtweise zu verteidigen? Angesichts dieser bedrohlichen Lage werden vorausschauende Anleger zu Gold zurückkehren, der Währung, die die Schuld von niemandem ist.
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