Seit Jahresbeginn erleben wir eine steile Rally der sogenannten „Risikoaktiva“, wie Technologieaktien und Kryptowährungen. In diesem Artikel werde ich die Hintergründe dieses kometenhaften Aufstiegs erklären.

Die spektakuläre Performance von Bitcoin wirft jedoch auch Fragen auf und heizt eine aktuelle Debatte an: Kann Bitcoin Gold als Wertspeicher ersetzen?

Die Ursprünge der diesjährigen Rally der Risikoaktiva

Bevor wir diese Frage fundiert beantworten können, müssen wir zunächst den Grund für die jüngste Bitcoin-Rally verstehen.

Der aktuelle Aufwärtstrend an den Aktien- und Kryptomärkten begann im Oktober/November 2023. Zu diesem Zeitpunkt sahen wir bereits eine Lockerung der finanziellen Rahmenbedingungen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) de facto ein neues Programm quantitativer Lockerungen (QE) durchführt, indem sie die 2020-2021 geschaffene überschüssige Liquidität zum Kauf neuer Anleihen verwendet.

Diese Art von Offenmarktgeschäften ist eines der Werkzeuge, die der Fed zur Umsetzung ihrer Geldpolitik zur Verfügung stehen.

Diese Maßnahme hat zudem inflationäre Wirkung, wie wir in den letzten Jahrzehnten und insbesondere jüngst im Jahr 2021 gesehen haben.

Während der Kampf gegen die Inflation noch lange nicht vorüber ist, scheint die Fed erneut Öl ins Feuer zu gießen. Das könnte das Interesse der Investoren für sichere Häfen wie Gold steigern.

 

Offenmarktgeschäfte

 

Zusätzlich zum leichten Rückgang des Dollarkurses zählen die Lockerung der finanziellen Rahmenbedingungen und der Anstieg der Netto-Liquidität der Fed zu den Faktoren, die diesen Trend erklären, den wir seit November 2023 beobachten.


Risikoaktiva und der Einfluss finanzieller Bedingungen auf ihren Anstieg seit November

 

Kommen wir auf die finanziellen Rahmenbedingungen zurück. Diese bieten Einblick in die Gesundheit der Märkte, des Kreditwesens, der Wirtschaft und der Finanzstabilität.

Die Komponenten des Index NFCI, die zur Einschätzung der finanziellen Bedingungen beitragen, sind folgende:

  1. Der Spread zwischen dem 3-monatigen LIBOR-Satz und dem Treasury-Terminkurs CME SOFR.
  2. Der Festzins-Spread zwischen 30-jährigen Jumbo- und Conforming-Hypothekenpfandbriefen.
  3. Der CBOE-Volatilitätsindex VIX.
  4. Der 5-jährige Markit-CDS-Index für Investment Grade Bonds.
  5. Der Zinsspread zwischen 1-monatigen A2P2- und AA-Geldmarktpapieren des nichtfinanziellen Sektors.

Diese Komponenten sind Schlüsselindikatoren für die Einschätzung der finanziellen Rahmenbedingungen und der allgemeinen Marktgesundheit. Nach Angaben von BNP PARIBAS wäre eine Lockerung dieser Bedingungen mit einem Zinsrückgang um 100 Basispunkte spürbar.

Bitcoin ist kein Wertspeicher, sondern ein Risikoasset

Bislang und ohne neue Gegenbeweise kann Bitcoin nicht als Wertspeicher im engeren Wortsinn gelten – im Gegensatz zu Gold, das diese Funktion seit jeher erfüllt. Die Kryptowährung zählt vielmehr zu den Vermögenswerten mit hohem Risiko.

Bitcoin weist aktuell eine starke positive Korrelation zu Nvidia, dem Nasdaq100, dem S&P 500 und anderen Aktienwerten auf. Was haben diese gemeinsam? Es sind alles Risikoaktiva, die miteinander korrelieren und von der Marktliquidität abhängig sind.

Wie wir sehen, folgt Bitcoin dem Nasdaq. Das macht Bitcoin bislang nicht zu einem Wertspeicher. Im Gegenteil: Wie wir beim Crash der Tech-Aktien 2022 infolge der Zinserhöhungen erlebt haben, waren die Kursverluste beträchtlich und rasant.

Bitcoin folgte dem gleichen Muster und konnte sich nicht von den Aktienindices entkoppeln. Zum Vergleich: Zwischen November 2022 und August 2023, als der Markt die Zinsanhebungen der Fed absorbieren musste, verzeichnete Gold ein Plus von 4 %, während der Bitcoin um 54% sank.

 

Gold vs. andere Risikoaktiva während des Marktabschwungs 2022/2023

 

Von einem Wertspeicher erwarte ich, dass er stabil bleibt, gerade in schwierigen Zeiten an den Aktienmärkten, wie bei Rezessionen oder Bärenmärkten. Gold erfüllt dieses Kriterium sehr oft, Bitcoin jedoch weniger.

Schlussfolgerung

Der Bitcoin ist seit seiner Erfindung durch Satoshi Nakamoto nach der Finanzkrise 2008 mit gerade einmal 16 Jahren ein sehr junger Vermögenswert. Infolgedessen ist seine Volatilität heute noch sehr hoch.

Obwohl Bitcoin eine bessere Performance zeigt als Gold, ist die Kryptowährung kein Wertspeicher und bestätigt dadurch letztlich ihren Status als riskantes Asset. Solange an den Märkten alles rund läuft, wird sich Bitcoin umso besser entwickeln. Doch wenn die Indices nach unten korrigieren und das Rezessionsrisiko zunimmt, könnte sich das Blatt abrupt wenden und zahlreiche Kleinanleger überraschen.

Darüber hinaus schloss der Goldpreis kürzlich in der Nähe seines Allzeithochs und ist bereit für einen neuen Aufwärtszyklus, obwohl die Zuflüsse in Gold-ETFs rückläufig sind. Manche Investoren haben sich zugunsten von Bitcoin von Gold abgewendet.

Diese Entscheidung scheint unter anderem auf gestiegenem Interesse an Spekulationen zu beruhen, zeigt aber vor allem einmal mehr, dass Gold ein langfristiger Wertspeicher bleibt.

 

Wertspeicher vs. Risikoaktiva

 

Vergessen wir außerdem nicht die potenziellen Katalysatoren, die einen neuen Gold-Superzyklus in den nächsten Monaten, wenn nicht Jahren, auslösen könnten:

  • Staatsschulden in Rekordhöhe, mit Zinskosten von mittlerweile 1 Billion $.
  • Das Gold/S&P500-Verhältnis liegt aktuell bei einem Allzeittief.
  • Hartnäckige Inflationsprobleme.
  • Zentralbanken stocken ihre physischen Goldreserven weiter auf.
  • Eine potenziell gefährliche, spekulative Marktumgebung.

Kurz gesagt: Trotz seiner außergewöhnlichen Performance in den letzten Jahren ist es noch zu früh, den Bitcoin als Wertspeicher zu betrachten. Folglich wäre es für Bitcoin-Besitzer klug, Investitionen in Gold in Betracht zu ziehen, um ein Asset zu halten, dass im aktuellen Umfeld die Rolle eines sicheren Hafens übernehmen kann. Gold ist ein greifbarer Wert, der Ihnen stabileren Vermögensschutz bietet als Kryptowährungen. Die Statistiken sprechen für sich: Der Wert von Gold ist seit Jahrtausenden fest etabliert.

Statt die beiden Vermögenswerte systematisch gegeneinander auszuspielen, wäre es allerdings vorteilhafter, sie als komplementäre Aspekte einer breiten Anlagestrategie zu begreifen. Wenn Sie sowohl Gold als auch Bitcoin in ein diversifiziertes Portfolio integrieren, können Sie von den spezifischen Eigenschaften beider Aktiva profitieren und gleichzeitig die Risiken abmildern, die mit einer Einzelinvestition einhergehen.

 

 

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