Obwohl das makroökonomische Hintergrundrauschen kaum auszublenden ist – von geopolitischer Unsicherheit über den Druck auf die Zinsen bis hin zum Wiederaufflammen der Inflation – erfreuen sich die Haushalte und Kleinunternehmen in den USA weitgehend guter finanzieller Gesundheit. Es zeichnet sich das Bild einer sanften Landung ab, bei der die Fundamentaldaten trotz der Verschlechterung der allgemeinen Stimmung solide bleiben.

Vor allem der Arbeitsmarkt zeigt deutliche Anzeichen einer Abschwächung. Nach mehreren Jahren robusten Wachstums verlangsamt sich das Tempo bei den Neueinstellungen und die Unternehmen schränken ihre Pläne für den Stellenausbau ein. Dennoch deuten die Indikatoren bislang nur auf eine moderate Spannung hin: Entlassungen sind nach wie vor selten und für viele kleine und mittlere Unternehmen ist es noch immer eine Herausforderung, qualifiziertes Personal zu finden – ein Zeichen dafür, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften anhält. Darüber hinaus sind die gemeldeten Unterbrechungen bei den Lohnzahlungen im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben, was die Widerstandsfähigkeit der Beschäftigung vor dem Hintergrund einer allmählichen Desinflation unterstreicht.

Mit Blick auf den Konsum bleiben die Ausgaben der privaten Haushalte auf einem hohen Niveau. Die aggregierten Daten zu Kreditkartenzahlungen zeigen gegenüber 2024 einen Anstieg von +1,6 % seit Jahresbeginn, verglichen mit nur +0,3 % im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dieser Zuwachs war über alle Einkommensgruppen hinweg relativ gleichmäßig verteilt, wenngleich die Ausgaben für Flugreisen eine gewisse Schwäche aufwiesen – ein Segment, das oft anfällig für Preisschwankungen und wirtschaftliche Unsicherheit ist.

Die Stabilität der Verbraucherausgaben lässt sich zum Teil durch die recht solide Finanzlage der Haushalte erklären. Die Bargeld-Puffer, d. h. die verfügbaren Reserven auf den Girokonten, haben wieder das gleiche Niveau erreicht wie vor der Pandemie und bleiben weitgehend stabil. Im Durchschnitt verfügen die Haushalte heute über zwei Tage mehr Rücklagen als im langfristigen Durchschnitt – eine bescheidene Verbesserung, aber sie zeigt, dass die Lage unter Kontrolle ist. Auch das Verhältnis von Schulden zu Einnahmen für Verbraucher mit niedrigem Einkommen bleibt innerhalb der Norm, ohne besorgniserregende Abweichungen.

Auch die kleinen Unternehmen sind nicht untätig. Die Maßzahlen ihrer finanziellen Situation zeigen eine Normalisierung der Barreserven, gemessen am Durchschnitt vor der Gesundheitskrise. Die Cashflows bleiben im Jahresvergleich relativ konstant, und die verfügbaren Rücklagen liegen im Durchschnitt vier Tage über dem historischen Standard. Dies spiegelt ein immer noch günstiges Umfeld wider, obwohl der Zugang zu Krediten schwieriger geworden ist.

Doch hinter dieser robusten Fassade verschlechtert sich das Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung rapide. Die jüngsten Stimmungsumfragen zeigen, dass das Vertrauen der Verbraucher seit Jahresbeginn um 22 Punkte und das der Kleinunternehmen um 10 Punkte gesunken ist.

 

US-Verbauchervertrauen

 

Der von der Universität Michigan veröffentlichte Index des US-Verbrauchervertrauens fiel von 50,8 Punkten im April auf 52,2 im Mai und blieb damit weit hinter den Erwartungen der Märkte zurück, die von einem Anstieg auf 53,4 Punkte ausgegangen waren. Dies war der fünfte Rückgang dieses wichtigen Indikators in Folge, der damit auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahren fiel und den zweitniedrigsten Wert seiner Geschichte verzeichnete.

Dieser plötzliche Einbruch spiegelt das wachsende Unbehagen der US-Haushalte über die Wirtschaftslage wider. Nach mehreren Jahren der Konsumeuphorie, die durch eine allgemeine Überbewertung von Gütern und Dienstleistungen gekennzeichnet war – von Immobilien über Autos bis hin zu Konsumgütern – erweist sich die Rückkehr zur Realität als schwierig. Unter den Verbrauchern herrscht nun überwiegend das Gefühl, für fast alles zu lange zu viel bezahlt zu haben.

Dieser Vertrauensverlust beschränkt sich nicht auf Meinungsumfragen: Er zeigt sich auch konkret im Finanzverhalten. Die Kreditkartensalden nähern sich wieder ihren Höchstgrenzen, während die Zahlungsrückstände von 60 bis 90 Tagen Woche für Woche zunehmen und den wachsenden Druck auf die Kassen der privaten Haushalte offenbaren. Gleichzeitig liegt die Ablehnungsquote für Immobilienrefinanzierungen mittlerweile bei fast 50 %, was sowohl die steigenden Zinsen als auch die während der Nullzinsphase angehäufte Überschuldung widerspiegelt.

Schließlich zeigen die Modelle zur schnellen Wohlstandsvermehrung, die in der Zeit nach der Coronakrise Hochkonjunktur hatten – wie Airbnb und andere spekulative Investitions- und Vermietungsaktivitäten – Anzeichen für eine Abschwächung oder gar einen Umschwung. Mit Blick auf diese unerreichbar oder unrentabel gewordenen „Erfolgsgeschichten“ macht sich Ernüchterung breit und die enthusiastischen Spekulationen, die den Beginn des Jahrzehnts geprägt hatten, weichen einem wachsenden Misstrauen gegenüber dem Versprechen schneller und einfacher Gewinne.

Die Angst vor der hartnäckigen Inflation, steigenden Beschaffungskosten und einem komplexen wirtschaftlichen Umfeld schürt wachsendes Misstrauen. Die Diskrepanz zwischen den soliden Bilanzen und dem wahrgenommenen Risiko ist ein wichtiger Faktor, den es in den kommenden Monaten zu beobachten gilt.

Kurzum, die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit ist zwar real, doch sie wird nun von einer diffusen Angst begleitet, die durch die globale Instabilität genährt wird. Die Gefahr besteht weniger in einer plötzlichen Verschlechterung der Fundamentaldaten, sondern vielmehr in einem sich selbst verstärkenden Pessimismus, der die Investitions- oder Konsumentscheidungen belasten könnte. Aktuell hält das System stand – aber das Gleichgewicht bleibt fragil.

In diesem Klima der psychologischen Anfälligkeit der Märkte kann schon die geringste schlechte Nachricht als sofortiger Katalysator wirken und Überreaktionen hervorrufen. Und wie wir bereits in unseren früheren Beiträgen erklärt haben, sind es auf kurze Sicht gar nicht so sehr die Wirtschaftsdaten oder die Entwicklung der Verbraucherpreise, die Anlass zur Sorge geben, sondern die anhaltende Baisse des Anleihenmarktes.

Ein Warnsignal war in dieser Woche das klägliche Scheitern der Auktion 20-jähriger US-Treasuries. Die Emission stieß auf eine schwache Nachfrage, die weit hinter den Erwartungen zurückblieb, und löste einen allgemeinen Nervositätsschub an den Zinsmärkten aus. Wie wir letzte Woche berichteten, stand der Anleihenmarkt bereits unter Spannung. Nun schossen die langfristigen Zinssätze regelrecht in die Höhe und die Rendite der 30-jährigen US-Staatsanleihen überschritt die symbolische Schwelle von 5 %, was zu einer abrupten Neubewertung entlang der gesamten langfristigen Zinskurve führte.

Die schwache Nachfrage ist indes kein Einzelfall, sondern Teil eines breiteren Trends. Zahlreiche Staaten sehen sich mit einem steigenden Finanzierungsbedarf konfrontiert, ohne dass sie über eine ausreichend starke Käuferbasis verfügen, um diesen Bedarf zu decken. Der Fall Japans ist beispielhaft: Das Land, das lange Zeit an Zinssätze nahe null Prozent gewöhnt war, verzeichnet nun einen spektakulären Anstieg der Zinsen für 40-jährige Anleihen.

 

Rendite der 40-jährigen japanischen Staatsanleihe

 

Der Markt für japanische Staatsanleihen mit langer Laufzeit ist in Auflösung begriffen. Die extremen Entwicklungen bei den 30- und 40-jährigen Anleihen lassen sich nicht mehr auf eine bloße technische Anpassung oder eine Neupositionierung der Anleger zurückführen: Sie weisen auf einen strukturellen Bruch im Finanzierungsgleichgewicht Japans hin. In einem Land, das jahrzehntelang das Paradigma der Anleihenstabilität und des ewigen Nullzinses verkörpert hat, stellt der plötzliche Anstieg der langfristigen Renditen einen systemischen Schock dar.

Bisher sind sich die globalen Märkte der Auswirkungen nur teilweise bewusst. Dennoch handelt es sich in vielerlei Hinsicht um die bislang größte makroökonomische Umwälzung des Jahres 2025: nicht wegen ihres unmittelbaren Ausmaßes, sondern weil sie den jahrzehntelangen Konsens über die Rolle Japans als passiver Geldgeber der Industriestaaten in Frage stellt. Diese abrupte Neuausrichtung der Zinskurve bleibt nicht ohne Folgen: Sie wirkt sich auf die globale Nachfrage nach US-Anleihen aus, formt die internationalen Kapitalströme neu und weckt lange beiseite geschobene Ängste im Zusammenhang mit globalen Hebelwirkungen und der strukturellen Finanzierung westlicher Haushaltsdefizite.

Die Entwicklung in Japan bleibt nicht ohne Folgen für die Vereinigten Staaten. Der Rückgang der japanischen Nachfrage nach langfristigen US-Anleihen – historisch gesehen eine tragende Säule staatlicher Finanzierung – trägt direkt zu der Schwäche bei, die bei dieser letzten Anleiheemission zu beobachten war. Ein Dominoeffekt setzt ein: Der Aufwärtsdruck auf die langfristigen Zinsen in Japan heizt den Druck auf die langfristigen Zinsen in den USA an, während die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung auf beiden Seiten des Pazifiks zu einem immer drängenderen Thema wird.

 

Rendite der 30-jährigen US-Staatsanleihe

 

Im Grunde genommen wird die Nachhaltigkeit des Systems selbst auf die Probe gestellt. In einer Welt, in der die langfristigen Zinsen dauerhaft über 5 % liegen, ohne dass ein starkes Wachstum und ein Rückgang der Inflation zu verzeichnen wäre, müssen die Modelle der Vermögensallokation neu austariert werden. Das allmähliche Verschwinden der strukturellen Käufer von Staatsschulden – Zentralbanken, Japan, Rentenfonds – läutet eine neue Ära ein, in der Schulden nicht mehr „kostenlos“ sind, sondern in einem wettbewerbsorientierten Umfeld wieder attraktiv werden müssen.

In diesem neuen Kontext gewinnt physisches Gold seine Rolle als sicherer Hafen wieder vollumfänglich zurück.

Die vollständige oder teilweise Vervielfältigung ist gestattet, sofern sie alle Text-Hyperlinks und einen Link zur ursprünglichen Quelle enthält.

Die in diesem Artikel bereitgestellten Informationen dienen rein informativen Zwecken und stellen keine Anlageberatung und keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung dar.