Hier ein kurzes Update zum Silbermarkt im Anschluss an meinen letzten Beitrag.

Der Run auf physisches Silber in New York hält an: Zwischen dem 11. und 25. März 2025 verzeichnete die COMEX einen Nettozufluss von 1.033 Tonnen bzw. mehr als 33 Millionen Unzen Silber. An einigen Tagen wurden massive Zuflüsse gemeldet: Am 13. März wurden 160 Tonnen in die Lager der Terminbörse eingeliefert, am 19. März waren es 131 Tonnen. Das bezeugt eine starke Tendenz zur Aufstockung der Bestände. Im Vergleich dazu blieben die Entnahmen mit nur 176 Tonnen in diesem Zeitraum moderat, was ein koordiniertes Bestreben zur Erhöhung der Reserven widerspiegelt. So stiegen die Gesamtbestände (registered + eligible) um 926 Tonnen von 13.490 auf 14.416 Tonnen. Dieser Anstieg scheint eine Reaktion auf zunehmenden Druck am physischen Markt oder auf umfangreiche bevorstehende Lieferungen zu sein.

Die schnelle Aufstockung von physischem Silber im März 2025 erinnert stark an Mitte 2020, als die COMEX bereits einen dramatischen Anstieg ihrer Bestände verzeichnete, um die erhöhte Nachfrage nach physischen Lieferungen vor dem Hintergrund der Coronakrise und der Angst vor Lieferausfällen zu befriedigen. Im Juli 2020 wurden die Reserven rasant wieder aufgefüllt, unter anderem durch massive Importe und die Umwandlung von ETF-Anteilen (wie dem SLV), um eine Krise am damals stark unter Druck stehenden Edelmetallmarkt zu verhindern. Ähnlich wie 2025 zielte die Aufstockung darauf ab, den geschwächten Markt zu stabilisieren, einen physischen Short Squeeze zu vermeiden und das ungewöhnlich hohe Open Interest (Zahl der ausstehenden Kontrakte) gegen Ende der Laufzeit zu bewältigen. Der Hauptunterschied liegt im Kontext: 2020 handelte es sich um eine defensive Reaktion nach der Krise, während die Initiative 2025 eher präventiv und sogar vorausschauend zu sein scheint, was darauf hindeutet, dass die Marktteilnehmer aus der vorangegangenen Krise ihre Lehren gezogen haben.

Obwohl die jüngsten Lageraufstockungen an der COMEX mit mehr als 1.033 Tonnen bzw. 33 Millionen Unzen Silber, die zwischen dem 11. und 25. März 2025 hinzugefügt wurden, mehr als ausreichend erscheinen, um die 856 noch offenen März-Kontrakte zu decken (Daten vom 26. März; entspricht 4,3 Millionen Unzen), bleibt die Situation heikel. Alles hängt davon ab, wie viel Silber tatsächlich in der Kategorie „registered“ ist, d. h. für eine sofortige Lieferung zur Verfügung steht, da ein Großteil der Bestände lediglich „eligible“ ist (d. h. gelagert, aber nicht frei verfügbar). Sollten die Inhaber dieser Kontrakte tatsächlich die physische Lieferung verlangen – ein Trend, der immer stärker wird, während das Vertrauen in andere Formen der Abwicklung (die allein auf „Papier“ basieren) gleichzeitig schwindet – könnte selbst eine große Reserve unter Druck geraten. Die COMEX scheint dieses Risiko vorweggenommen zu haben, indem sie ihre Bestände massiv aufstockt und damit den Willen zeigt, ein ähnliches Szenario wie 2020 zu vermeiden. Die eigentliche Bewährungsprobe wird jedoch in den letzten Tagen vor dem Fälligkeitstermin kommen, wenn die Wahl zwischen Roll-over der Position auf den nächsten Liefermonat, Barausgleich oder Antrag auf Lieferung des Metalls getroffen werden muss. Das Risiko ist also eher systemisch als arithmetisch: Es stellt eine echte Vertrauensprobe in die Stabilität des Terminmarkts für physisches Silber dar.

Um den Druck auf den physischen Markt zu erhöhen, wurde für den 31. März ein Aufruf zum Kauf von Silber im Sinne des ersten Silber-Short-Squeeze gestartet. Allerdings scheint die Reaktion der Kleinanleger auf diese Initiative bislang sehr verhalten zu sein, mit einer weitaus geringeren Mobilisierung als bei der ursprünglichen Bewegung.

 

 

Doch der Aufruf, ab heute bis zum 31. März massiv physisches Silber zu kaufen, könnte noch unerwartete Ausmaße annehmen – vor allem, wenn die Spannungen auf dem physischen Markt bis dahin weiter zunehmen. In nur vier Tagen haben bereits 250.000 Menschen den Aufruf auf X gesehen, und man kann davon ausgehen, dass diese Zahl bis zum Wochenende sehr schnell auf über eine Million steigen wird. Die für dieses Ereignis gegründete Community hatte nach nur zwei Tagen schon 2.000 Mitglieder.

Der Silber-Short-Squeeze 2 würde sich, falls er stattfindet, zweifellos deutlich vom ersten unterscheiden. Denn dieses Mal wären nicht allein die Kleinanleger für die physische Nachfrage verantwortlich, sondern auch deutlich größere, institutionelle Anleger.

In China tritt die institutionelle Nachfrage nach physischem Gold indes in eine neue Phase ein.

Der 25. März 2025 markiert einen echten Wendepunkt: China Life Insurance wurde die erste chinesische Versicherungsgesellschaft, die an der Shanghai Gold Exchange einen Handel mit physischem Gold abschloss. Damit wird ein lange gehegter Plan Wirklichkeit: Versicherungsfonds in China soll der Zugang zum Markt für physisches Gold – und vielleicht bald auch zum Silbermarkt – ermöglicht werden.

China Life ist die erste von zehn großen Versicherungsgesellschaften, die am Goldmarkt teilnehmen dürfen. Vier von ihnen sind bereits als Mitglieder der Shanghai Gold Exchange beigetreten.

Diese erste Transaktion ist Teil eines Pilotprogramms, das von der chinesischen Finanzaufsicht ins Leben gerufen wurde, und China Life hat keine halben Sachen gemacht: Spezialisierte Teams, interne Prozesse, Informationssysteme, Risikokontrolle, Organisation der Geldflüsse... alles wurde eingerichtet, um den Weg für diese neue Anlageklasse zu ebnen.

Chinesische Versicherungsfonds steigen in physisches Gold ein – und bald auch in Silber. Das ist ein echter Game Changer für die Edelmetallmärkte.

Wird dieser Ansturm auf physisches Metall ausreichen, um einen Short Squeeze auszulösen?

Die Short-Positionen auf den SLV und PSLV erreichen Rekordhöhen, und die Bullionbanken haben zudem massiv Futures leerverkauft. Im Versuch den Silberpreis zu deckeln, haben die Bullionbanken eine enorme Netto-Short-Position von 44.583 Terminkontrakten aufgebaut. Das entspricht 223 Millionen Unzen Silber, mehr als ein Viertel der weltweiten Jahresproduktion.

Im Jahr 2020 wurde der Short Squeeze in letzter Minute verhindert: Lieferanfragen konnten kurz vor Ende der Frist durch Barzahlungen oder physische Lieferungen in letzter Minute erfüllt werden.

Doch jetzt, Ende März 2025, könnte sich das Blatt wenden.

Der physische Markt ist bereits angespannt, und wenn die Lieferanfragen weiterhin hoch bleiben, könnte eine echte Angebotsknappheit dazu führen, dass sich die Leerverkäufer am Markt eindecken müssen – was den Silberpreis auf neue Höhen katapultieren würde.

Es bleibt spannend.

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