Die Geschichte des Goldes reicht mehrere Jahrtausende zurück und umspannt den gesamten Globus. Das zunächst als Tauschmittel und später als Währungsstandard genutzte Edelmetall trug zur Vertrauensbildung zwischen den Menschen bei und bildete einen Eckpfeiler der Zivilisation. Wenn sich das Zentrum der Weltwirtschaft verschob, folgten auch die Goldreserven demselben Weg.
Jahrhunderte vor unserer Zeit, als Handelsgeschäfte noch auf unterschiedliche Weise abgewickelt wurden, änderten die alten Griechen den Lauf der Geschichte, indem sie Gold und Silber im 7. Jahrhundert v. Chr. zur universellen Währung machten. Die Idee, Gold- und Silbermünzen als Tauschmittel zu verwenden, verbreitet sich anschließend zunächst im Mittelmeerraum und dann schrittweise im Rest der Welt. Schulden werden nicht mehr in Lebensmitteln angeschrieben, sondern in Metallmünzen. Die Geschichte beschleunigt sich: Im antiken Griechenland entwickeln sich sowohl die Wissenschaften als auch die Literatur mit atemberaubender Geschwindigkeit. Es werden Goldmünzen geprägt, die in der Region zum Handel mit Gewürzen und Produkten aller Art verwendet werden. Die Heere, insbesondere das von Alexander dem Großen, werden mit Gold entlohnt.
Im Laufe der Jahrhunderte verschiebt sich das Zentrum der Weltwirtschaft anschließend nach Rom. Dank zahlreicher Kriege (in Afrika, im Nahen Osten etc.) gelingt es dem Römischen Reich, große Mengen Gold anzuhäufen und auf diese Weise an der Schwelle zur heutigen Zeitrechnung ein noch nie dagewesenes Imperium zu errichten. Gleichzeitig werden neue Bergbautechniken entwickelt, die den Abbau großer Mengen ermöglichen. Aus dem Überfluss entsteht jedoch eine zyklische Dynamik, wenn die Vorkommen zur Neige gehen. Die rasante Entwicklung asiatischer Länder hat zudem zur Folge, dass beträchtliche Mengen Gold in diese Region fließen. Zwischen dem 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. steigt die Abgabenlast in Rom unaufhörlich, Bürgerkriege folgen aufeinander, die Preise explodieren, der Exodus aus ländlichen Gegenden beschleunigt sich und die demografische Entwicklung kippt. Der Niedergang des Römischen Reichs ist nicht mehr aufzuhalten. Bis etwa zum 12. Jahrhundert werden im Okzident keine Goldmünzen mehr geprägt und das Edelmetall befindet sich ausschließlich im Besitz der Machthaber.
Geiserich plündert Rom von Karl Brjullow (1836)
Der Großteil der Goldreserven fließt zum Knotenpunkt der großen Handelsrouten auf der anderen Seite des Mittelmeers, nach Konstantinopel im byzantinischen Reich (auch als „Oströmisches Reich“ bezeichnet). Der Handel in der Region floriert basierend auf einer neuen Goldmünze, dem Bezant, der bis zum 14. Jahrhundert ausgegeben wurde. Die Palette der Handelsgüter verbreitert sich und sie werden bis nach China exportiert. Dank einer dezentralen, interventionistischen, durch Landwirtschaft und Handwerk geprägten Wirtschaft kann Konstantinopel sich entwickeln und ausdehnen. Doch das starke Wachstum verlangsamt sich, als die islamische Welt ab dem 7. Jahrhundert zunehmend in Erscheinung tritt. Mit ihren strategischen Armeen unternehmen die damals vereinten arabischen Länder verschiedene Eroberungsfeldzüge und Bagdad wird zum Drehkreuz der globalen Wirtschaft.
Hagia Sophia, Konstantinopel (heute Istanbul)
Dynastien bilden sich heraus und es kommt zu Spaltungen. Nach Bagdad konzentriert sich der internationale Handel im 10. Jahrhundert, während des Kalifats der Fatimiden, auf Kairo, wo die Toleranz gegenüber Christen und Juden besonders groß war. Dank seiner reichen Erde und des Nils, der sie tränkt, entwickelt sich in Ägypten eine bedeutende Landwirtschaft, die einen regen Handel mit Asien, Afrika und Europa ermöglicht. Doch schon bald entsteht im Mittelmeerraum eine konkurrierende Macht. Historische Ereignisse erschüttern und verändern die durch Wissenstransfers geprägte Region. In Spanien führt die Reconquista zum Bau des großen Hafens von Barcelona, während Italien seinerseits durch die Entstehung des Bankenwesens zur Supermacht aufsteigt.
Zu Beginn des 12. Jahrhunderts verlagert sich das Zentrum der Weltwirtschaft infolgedessen nach Venedig. Die italienische Stadt entwickelt ein erstaunlich effizientes Wirtschaftsmodell und Gold ist das Herzstück seines Finanzsystems. Mit der Gründung der ersten Bank im Jahr 1151 und den zahlreichen anderen Kreditinstituten, die darauf folgten, beschleunigten die Venetianer den Lauf der Geschichte. Neue Finanzinstrumente werden erfunden, insbesondere der verzinste Kredit (der zuvor verboten und geächtet war), der Wechsel und die doppelte Buchführung. Der Warenverkehr nimmt immer schneller zu und Händler aus allen Ecken der Welt reisen nach Venedig, um Weihrauch, Seide, Baumwolle, Gewürze und andere Produkte in bis dahin beispiellosen Mengen zu kaufen und zu verkaufen. Das ist die Geburtsstunde des Kapitalismus, eines Systems, in dem es in erster Linie auf den Marktwert der Güter ankommt, und nicht auf ihren Gebrauchswert.
Die einheimischen Kaufmänner werden auf diese Weise zu den Kreditgebern weiter Teile Europas, einschließlich der Kreuzritter, die sich bei den venezianischen Banken im Rahmen ihrer Kreuzzüge im Gelobten Land verschulden. Dank eines permanenten Handelsüberschusses häuft Venedig einen unvergleichlichen Goldreichtum an, der die Bildung einer bedeutenden Armee (und insbesondere einer mächtigen Flotte) ermöglicht, mit deren Hilfe fremde Länder erobert werden sollen. 1296, im Laufe des byzantinisch-venezianischen Krieges, kann Venedig einen Sieg über Konstantinopel erringen und reißt dessen Goldschätze an sich. Die italienische Stadt erlebt den Höhepunkt ihrer Blüte. Ihr Reichtum ist so groß, dass sie die Macht über den Goldpreis am Markt besitzt, und ihre neue Währung, der Golddukat, ist in allen Kontinenten im Umlauf.
Darstellung italienischer Bankiers
Fast drei Jahrhunderte lang kann sich Venedig als dominante Macht behaupten, trotz der Konkurrenz benachbarter Städte. Vor allem Florenz erlebt dank seines Bankensektors eine Blütezeit, doch auch Brügge avanciert dank seiner strategischen Lage zur Handelshochburg.
Zur gleichen Zeit, gegen Ende des 15. Jahrhunderts, überzeugt Christoph Kolumbus die Könige Spaniens (beziehungsweise vor allem deren Berater) ihm eine Reise nach Asien zu finanzieren, um neue Reichtümer zu finden. Als sie schließlich in der Neuen Welt ankommen, sammeln Kolumbus und seine Mannschaft große Mengen an Gold ein, die sie anschließend nach Spanien bringen. Bei ihrer Ankunft bricht unter den europäischen Staaten Krieg um die Aufteilung der Beute aus Amerika aus. Aufgrund dieses plötzlichen Überflusses an Gold und einer Knappheit der alten Währung kommt es zu einer heftigen Inflationskrise und das Zentrum der Weltwirtschaft verlagert sich erneut. Dem berühmten Historiker Fernand Braudel zufolge befand es sich nach Venedig im 16. Jahrhundert in Antwerpen, im 17. Jahrhundert in Genua, im 18. Jahrhundert in Amsterdam und im 19. Jahrhundert schließlich in London.
Dioscoro Puebla, Kolumbus’ erste Landung in Amerika (1862)
Mit dem Aufkommen des „rationalen“ Denkens im 18. und 19. Jahrhundert finden Banknoten zunehmend Verbreitung, die von Gold im gleichen Wert gedeckt sind. Dieses System beruht allerdings ausschließlich auf dem Vertrauen der Bürger und die Banken geben die Scheine im großen Stil aus, ohne tatsächlich über die entsprechenden Mengen an Gold zu verfügen. Es kommt zu Bank Runs und Bankpleiten. Nach der Gründung der ersten Zentralbank in Amsterdam 1609 werden weitere Institutionen dieser Art ins Leben gerufen, um den Geschäftsbanken im Krisenfall Liquidität bereitzustellen. Die Banque de France wird beispielsweise im Jahr 1800 nach der großen Finanzkrise des Landes in den 1790ern gegründet. Die Weltwirtschaft basiert zu dieser Zeit weiterhin auf dem gelben Metall.
Bankenkrise im Jahr 1873
Um weiteren Krisen zu entgehen, führen die meisten Großmächte gegen Ende des 19. Jahrhunderts den Goldstandard ein. Der Wert ihrer Währung beruht demnach auf einer festgelegten Goldmenge und die Entwicklung der Umlaufgeldmenge hängt vom Umfang der jeweiligen Goldreserven ab. Anders gesagt ist ein Land umso reicher und mächtiger, je mehr Gold es besitzt. Das Zentrum der dominanten Wirtschaftsmacht der Welt befindet sich damals in London.
Der weitere Verlauf ist bekannt: Der Erste Weltkrieg zeigt die Grenzen dieses Währungssystems auf, als die Militärausgaben immer weiter steigen und die Goldbestände nicht mehr ausreichen, um die Kriegswirtschaft zu finanzieren. Die Krise von 1929 und der darauffolgende Vertrauensverlust läuten sein Ende ein: Der Goldstandard wird aufgegeben und anschließend bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs teilweise fortgeführt. Während dieses entsetzlichen Krieges beschlagnahmt Deutschland unter dem Nazi-Regime die Goldreserven der angegriffenen Länder (Tschechoslowakei, Polen, Österreich etc.) und nutzt sie, um sich während dieser Jahre zu finanzieren.
Die US-Regierung unter Roosevelt, weit entfernt von den Kriegshandlungen, verkauft den Europäern unterdessen Waffen gegen Gold, nachdem das Land seinen militärisch-industriellen Sektor und seinen Bankensektor in den vorangegangenen Jahrzehnten weiterentwickelt hatte. Die Vereinigten Staaten werden nach und nach zur größten Weltmacht. Dies ermöglicht ihnen nach Kriegsende die Leitlinien des Bretton-Woods-Abkommens festzulegen, das ein gerechteres internationales Finanzsystem schaffen soll. 1945 werden die weltweiten Währungen also an den US-Dollar gebunden, der wiederum an den Goldkurs gekoppelt ist. Der Wiederaufbau Europas wird folglich von den USA finanziert: Die europäischen Staaten verschulden sich in Dollar, im Tausch gegen Gold. Die Goldreserven des Kontinents schwinden und werden zudem teilweise in den Vereinigten Staaten gelagert. (Frankreich versucht später unter Wirkung von General De Gaulle, sie wieder ins Inland zu holen.)
In den folgenden Jahrzehnten sehen sich die USA aufgrund des immensen Finanzmittelbedarfs der Regierung – insbesondere im Zuge der Weltraumforschung und des Vietnamkrieges – gezwungen, dieses System zu überdenken. 1971 gibt die Regierung unter Präsident Nixon den Goldstandard auf, da das Vertrauen in das System bedroht ist. Nach dem Neuanfang erreicht die Hegemonie des Dollars dank der militärischen Stärke der USA ihren Höhepunkt.
Seitdem wird Geld mit einem einfachen Buchhaltertrick geschaffen und entspricht keinem greifbaren, materiellem Wert mehr – eine Rolle, die früher von Gold übernommen wurde. Das gelbe Metall ist keine anerkannte Währung mehr, besitzt aber weiterhin seinen Status als Wertspeicher. Weltweit kaufen Investoren Gold, um sich gegen eine Vielzahl von Risiken und gegen die Unwägbarkeiten der Zukunft im Allgemeinen abzusichern. Die staatlichen Institutionen haben ihrerseits weiterhin großes Interesse an dem Edelmetall. Vor allem die Zentralbanken kaufen ununterbrochen Gold, um sich von der amerikanischen Hegemonie zu befreien und – vielleicht – Bretton Woods 2.0 vorzubereiten…
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