In dieser Woche richten wir unser besonderes Augenmerk auf die Situation im Vereinigten Königreich. Ich halte mich aktuell in London auf und muss sagen, dass sich die Lage seit meinem letzten Besuch im November geändert hat. Die Inflation ist nunmehr spürbar und die Auswirkungen machen sich bereits bei den Einzelhandelspreisen bemerkbar, und das viel stärker als in Frankreich.
Die Reallöhne auf der anderen Seite des Ärmelkanals befinden sich im freien Fall, weshalb zahlreiche Ökonomen nun eine Rezession innerhalb der nächsten Wochen vorhersagen. Der Kaufkraftverlust der Verbraucher droht nun auch die Verkaufszahlen im Einzelhandel zu belasten.
Die Reallöhne nähern sich dem Tiefststand der letzten Finanzkrise an, während die Inflation nunmehr bei über 9 % liegt – der höchste Wert seit 1982.
Die Preise steigen und die Löhne sinken: Das ist das heftigste und plötzlichste „Ausquetschen“ der britischen Verbraucher seitdem diese statistischen Daten erhoben werden.
Im Einzelhandel sind die Verkaufszahlen trotz der Inflation weiterhin stabil, vor allem dank einer erhöhten Kreditaufnahme:
Diese Widerstandsfähigkeit des Einzelhandels, das Ausbleiben umfassender Zahlungsausfälle bei den Konsumkrediten und die nach wie vor zufriedenstellende Liquidität der Banken verringern für den Moment das kurzfristige Rezessionsrisiko.
Doch dem britischen Optimismus geht leider die Luft aus. Die Zuversicht der privaten Haushalte bricht plötzlich ein, vergleichbar mit dem Rückgang während der letzten Finanzkrise:
In Bezug auf die Inflation überholt das Vereinigte Königreich mittlerweile alle anderen G-7-Staaten. Der neue Rekordwert ist in erster Linie auf den Anstieg der Energiekosten zurückzuführen. Doch seitdem die Regierung beschlossen hat, die Preise zu deckeln, weitet sich die Inflation auf die Kosten für öffentliche Versorgungsdienstleistungen und die Wohnkosten aus.
Der Inflationsschock ist heute deutlich spürbar und stellt die Zuversicht der Briten auf die Probe.
Vor diesem Hintergrund ist der Goldpreis in britischen Pfund erneut über seinen 200-tägigen gleitenden Durchschnitt gestiegen, wobei sich auch ein Kreuzen des MACD von unten nach oben abzeichnet. Der nächste Aufschwung könnte den Goldpreis in Großbritannien auf ein neues Allzeithoch katapultieren.
Ich habe die Bergbaumesse 121 Mining Investment in London genutzt, um den britischen Markt für Edelmetallinvestitionen zu sondieren.
Die britischen Fonds, die in Gold investieren möchten, erwerben kein physisches Gold, sondern geben sich mit dem Kauf von Papiergold in Form von Zertifikaten wie dem GLD zufrieden. Diese Praxis ist in Europa weit verbreitet, das ist nichts Neues. Der Kauf von physischem Gold ist aus Liquiditätsgründen und aufgrund der Verfügbarkeit von Kapital kompliziert, zudem bestehen zahlreiche Einschränkungen… Ich war dennoch überrascht feststellen zu müssen, dass in London, dem wichtigsten Goldhandelsplatz weltweit, nur wenige Fonds in physisches Metall investieren.
Für die Fonds hängen Goldinvestments in erster Linie vom Vertrauen in die jeweilige Gegenpartei ab, die die Zertifikate ausstellt, d. h. in deren Fähigkeit physisches Metall zu liefern, falls sie Gold als ultimative Absicherung zum Schutz ihres Portfolios benötigen. Denn dies ist der Hauptgrund für Investitionen in das gelbe Metall. Wenn ich die Vermögensverwalter frage, warum Sie in Gold investieren, antwortet die Mehrheit: „Als Absicherung gegen zahlreiche Risiken.“ Gold stellt eine Versicherung dar. In ihrem Fall handelt es sich dabei eher um ein Vertrauensverhältnis mit der Gegenpartei, die damit beauftragt ist, die Umtauschbarkeit in physisches Gold zu garantieren.
Diese Tatsache war Gegenstand angeregter Diskussionen während der Konferenz in London. Der letzte 8-K-Bericht des Zertifikate-Emittenten SPDR Gold Trust (GLD) enthält eine neue Präzisierung der Vertragsbedingungen, die die Anfragen zur physischen Auslieferung seitens der Inhaber der Zertifikate regeln. Klausel 4.4 des Berichts wurde nun um eine zusätzliche Bedingung erweitert:
Die Lieferung von physischem Gold ist nun abhängig von den Bedingungen: Wenn sie aus irgendeinem Grund nicht möglich sein sollte, muss die vertragliche Lieferpflicht nicht erfüllt werden.
Bei der ersten Plenumskonferenz am Dienstag konzentrierten sich die Publikumsfragen auf diese Finanzinstrumente. Einige Teilnehmer wiesen vehement darauf hin, dass die Zertifikate ein Mittel zur Unterdrückung der physischen Edelmetallnachfrage darstellen. Wenn keine vertragliche Verpflichtung zur Auslieferung physischen Goldes unabhängig von den herrschenden Rahmenbedingungen besteht, wie kann dann sichergestellt werden, dass der Kauf eines solchen Zertifikates wirklich zu physischer Nachfrage führt?
Ohne jetzt tiefer in die Kontroverse einsteigen zu wollen, ist hervorzuheben, dass ein ganz klarer Unterschied zwischen den verschiedenen Edelmetall-Zertifikaten und einer Investition in physisches Gold und Silber besteht.
Die vollständige oder teilweise Vervielfältigung ist gestattet, sofern sie alle Text-Hyperlinks und einen Link zur ursprünglichen Quelle enthält.
Die in diesem Artikel bereitgestellten Informationen dienen rein informativen Zwecken und stellen keine Anlageberatung und keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung dar.