Die wirtschaftliche Lage in Europa gibt Anlass zu wachsender Besorgnis. Einst ein Symbol für Wohlstand und Zusammenarbeit, ist die Europäische Union heute durch große ökonomische und energiepolitische Herausforderungen geschwächt. Zwei traditionelle Grundpfeiler des Kontinents, Frankreich und Deutschland, sehen sich aktuell mit Schwierigkeiten konfrontiert, die weitreichende Auswirkungen auf den gesamten Staatenverbund haben könnten.
Im Februar dieses Jahres schrieb ich, dass Europa durch einen beispiellosen Inflationsschock gelähmt wurde, der durch den Einbruch der Einzelhandelsumsätze in Deutschland und allgemeine Verarmung aufgrund sinkender Reallöhne gekennzeichnet war. Trotz eines leichten Rückgangs der Inflationsraten stellte die Pattsituation zwischen wirtschaftlicher Stabilität und Teuerung die Geld- und Sozialpolitik vor ein Dilemma.
Zehn Monate später ist die Lage eindeutig: Europa steckt in der Krise, und Deutschland hat Mühe, das Ruder herumzureißen.
Im November verzeichnete die Wirtschaftstätigkeit in der Eurozone einen deutlichen Rückgang, wobei die Flaute neben dem verarbeitenden Gewerbe nun auch den Dienstleistungssektor erfasst hat.
Der Einkaufsmanagerindex der gesamten Eurozone fiel im November auf 48,3 Punkte, verglichen mit 50,0 Punkten im Oktober.
Die deutsche Wirtschaft, die oft als Zugpferd der Europäischen Union bezeichnet wird, zeigt besorgniserregende Anzeichen einer Rezession. Im dritten Quartal 2024 fiel die Industrieproduktion um 2,6 %, was zu den schlechtesten Werten in Europa zählte:
Im November lag der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland bei 43,0 Punkten und blieb damit leicht unter den erwarteten 43,2 Punkten. Gegenüber dem Stand vom Oktober war der Index unverändert. Dieser Wert ist deutlich niedriger als der Schwellenwert von 50, der die Grenze zwischen Wachstum und Rezession markiert, und bestätigt somit die anhaltende Konjunkturschwäche der deutschen Industrie:
Der deutsche Industriesektor befindet sich nun schon seit zwei Jahren und vier Monaten in einer Rezession!
Die Stimmung der Investoren ist gemessen am ZEW-Index auf den niedrigsten Stand seit der Gesundheitskrise von 2020 gefallen:
Vor dem Hintergrund eines massiven Einbruchs der Auftragszahlen und der Investitionen warnt der Vorstandsvorsitzende von ThyssenKrupp vor einer „massiven Deindustrialisierung“.
Im Oktober setzte sich der Abwärtstrend bei den Aufträgen der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer nach Angaben des Branchenverbands VDMA fort, was auf eine anhaltende Investitionsscheu seitens der Kunden hindeutet.
Insgesamt gingen die Aufträge im Jahresvergleich um 9 % zurück und verzeichneten damit den zweiten Monat in Folge ein Minus. Dieses Ergebnis folgt auf eine leichte Erholung im August, die die lange Serie negativer Zahlen seit mehr als einem Jahr kurzzeitig unterbrochen hatte.
Der Anstieg der Inlandsaufträge ist auf einen besonders schwachen Vergleichswert aus dem Vorjahr zurückzuführen, während der starke Rückgang der Auslandsaufträge damit zusammenhängt, dass just vor einem Jahr mehrere Großprojekte beschlossen wurden. In dem weniger volatilen Zeitraum von August bis Oktober verzeichneten die Aufträge insgesamt ein Minus von 3 %: -7 % bei den Inlandsaufträgen und -1 % bei den Auslandsaufträgen.
In den ersten zehn Monaten des Jahres gingen die Aufträge nach Angaben des VDMA insgesamt um 8 % zurück.
Auch das Verbrauchervertrauen sinkt infolge wachsender Sorgen angesichts des drohenden Stellenabbaus und des Rezessionsrisikos. Der GfK-Konsumklimaindex für Dezember fiel um 4,9 Punkte auf -23,3 Punkte und lag damit deutlich unter den erwarteten -19 Punkten. Die Lage verschlechterte sich durch den Zusammenbruch der Regierungskoalition im November sowie durch die Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten. Letztere lässt neue Zölle auf die Auslandsimporte der USA befürchten und trübt die Aussichten für deutsche Unternehmen damit zusätzlich ein.
Der strategische Automobilsektor, ein Grundpfeiler der deutschen Wirtschaft, hat zudem mit einem erheblichen Anstieg der Produktionskosten zu kämpfen, der hauptsächlich auf die höheren Energiepreise zurückzuführen ist.
Volkswagen musste beispielsweise einen Gewinneinbruch von 64 % verzeichnen, während die Verkäufe des Unternehmens in China 12 % geringer ausfielen.
Mercedes erlitt ebenfalls schwere Verluste und sah seinen Profit um 54 % schrumpfen.
Diese Probleme werden von der Abhängigkeit Deutschlands von externen Energielieferanten verschärft, die sich seit der schrittweisen Abkehr von russischem Gas noch zugespitzt hat. Industrieunternehmen, die früher aufgrund moderater Energiekosten wettbewerbsfähig waren, haben nun Schwierigkeiten, mit der amerikanischen und asiatischen Konkurrenz mitzuhalten. Wenn sich diese Trends fortsetzen, befürchten die Analysten, dass Deutschland bereits Anfang nächsten Jahres offiziell in eine Rezession abrutschen könnte.
Auch Frankreich kann der Krise nicht entkommen. Die Wachstumsprognose für 2024 wurde auf bescheidene 0,4 % nach unten korrigiert und liegt damit weit unter dem EU-Durchschnitt. Die Staatsverschuldung hat mit 112 % des BIP inzwischen einen Rekordstand erreicht, während die französische Industrie weiterhin unter einem strukturellen Mangel an Wettbewerbsfähigkeit leidet. Die ohnehin schon hohen Produktionskosten sind unter dem Einfluss der Energiekrise weiter gestiegen.
Auf sozialer Ebene ist die Lage nach wie vor als angespannt zu bezeichnen. Steigende Lebenshaltungskosten führen in Kombination mit einer anhaltenden Teuerung bei Artikeln des Grundbedarfs zu allgemeiner Unzufriedenheit. Die gesellschaftlichen Bewegungen nehmen zu und erschweren die Umsetzung von Strukturreformen durch die Regierung.
Genau diese Spannungen führten zum Sturz der Regierung Barnier.
Die politische Instabilität in Frankreich übt zusätzlichen Druck auf den Anleihemarkt aus.
Die Investoren haben die Situation des Landes genau im Blick, das sich zugleich mit einer wackeligen Regierung, einem wachsenden Defizit und schwachen Wirtschaftsindikatoren konfrontiert sieht. Die Differenz zwischen den Renditen 10-jähriger französischer und deutscher Staatsanleihen ist auf 87 Basispunkte geklettert und damit so groß wie schon seit 2012 nicht mehr:
Die Krise in Frankreich stellt eine zusätzliche Bedrohung für die Stabilität Europas dar – und das zu einem Zeitpunkt, an dem sich der Kontinent bereits in einer sehr fragilen Lage befindet.
Mehrere Faktoren erklären die aktuelle Anfälligkeit Europas, doch die Energiekrise ist zweifellos der Hauptgrund. Der überstürzte Ausstieg aus den russischen Gasimporten in Verbindung mit einer beschleunigten Energiewende hat die europäischen Volkswirtschaften destabilisiert. Dies führte nicht nur zur Explosion der Energiekosten, sondern schwächt auch ganze Industriezweige.
Die Begeisterung für erneuerbare Energien und die Abkehr von der Kernenergie haben den deutschen Industriemotor ins Stocken gebracht – eine Meinung, die auch innerhalb Deutschlands zunehmend geteilt wird.
Der investigative Journalist Morten Freidel veröffentlicht eine umfassende Untersuchung, in der er die Bemühungen der Grünen beleuchtet, die Diskussionen innerhalb des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) zu beeinflussen. Die Grünen scheinen besonders besorgt darüber zu sein, dass in den Berichten des IPCC die Rolle der Atomenergie im Kampf gegen den Klimawandel anerkannt wird. Diese Opposition gegen die Atomkraft ist ein Schlüsselelement ihrer Strategie, wie interne Dokumente im Zusammenhang mit der Kampagne offenbaren.
Die Strategie der Grünen konzentrierte sich auf die Einflussnahme bei internationalen Klimakonferenzen, mit dem Ziel, die Bedeutung der Kernenergie herunterzuspielen. Ein Vorgehen, das als ideologisch motiviert wahrgenommen wurde, auf schwachen Argumenten beruhte und zur Abschaltung von Atomkraftwerken in Deutschland führte.
Weitere Untersuchungen sind im Gange, um die Finanzierung der Kampagnen der Grünen offenzulegen, die mit dem Gassektor, insbesondere dem russischen, in Verbindung steht. Zusätzliche Enthüllungen könnten einen entscheidenden Einfluss auf die bevorstehenden Wahlen haben.
Die Risiken für die europäische Gemeinschaftswährung sind heute wahrscheinlich höher als 2011.
Der Goldpreis in Euro konsolidiert indes bei rund 2500 €, in Erwartung der Auswirkungen der politischen Krise in Frankreich und der vorgezogenen Wahlen in Deutschland:
Die vollständige oder teilweise Vervielfältigung ist gestattet, sofern sie alle Text-Hyperlinks und einen Link zur ursprünglichen Quelle enthält.
Die in diesem Artikel bereitgestellten Informationen dienen rein informativen Zwecken und stellen keine Anlageberatung und keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung dar.