Kurz nach dem Konkurs der SVB (Silicon Valley Bank) bekräftigte der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire, dass es in Frankreich „kein Ansteckungsrisiko“ gebe. Doch da täuscht er sich gewaltig, vor allem angesichts der Tatsache, dass in Europa bereits ein ähnliches Ereignis stattgefunden hat, genauer gesagt in Italien. Dort ging die Lebensversicherung Eurovita Pleite, und wir gehörten zu den Ersten, die davon berichteten.
Man muss verstehen, dass die Insolvenzen der Eurovita und der SVB – und die noch kommenden – mit einer Krise am Anleihemarkt im Zusammenhang stehen. Es handelt sich nicht um Betrug (FTX, Madoff), toxische Aktiva (Subprimes) oder abenteuerliches Management (LTCM 1998). Nein, das Problem sind die enormen Mengen an Staatsanleihen, die die Basis der Bilanzen von Finanzinstitutionen auf der ganzen Welt bilden und deren Wert stark geschrumpft ist.
Seit Jahren schon, genauer gesagt seit der Subprime-Krise von 2008, leben wir mit extrem niedrigen und zwischenzeitlich sogar negativen Zinsen. Die von den Staaten zur Finanzierung ihrer Haushaltsdefizite ausgegebenen Anleihen bringen also kaum etwas ein, sind aber sehr liquide (ein entscheidendes Kriterium in der Finanzwelt). Darüber hinaus sind die Banken infolge aufsichtsrechtlicher Regelungen (Basel I, II und III) verpflichtet, solche Anleihen zu halten (zu ihrer eigenen Sicherheit und zur Sicherheit ihrer Einleger). Die als risikolos (ein Staat geht nicht bankrott) eingestuften Staatsanleihen großer Länder mit einem Rating von AAA oder AA bieten den Banken, Versicherern und Fondsmanagern ein Sicherheitspolster.
Doch nach der Rückkehr der Inflation haben die Fed und die EZB entschieden, ihre Leitzinsen anzuheben und den Kauf von Anleihen einzustellen. Infolgedessen sind die Zinsen innerhalb weniger Monate steil gestiegen – zu schnell für diesen Markt der Dickhäuter. Ergebnis: Die alten, wenig ertragreichen Anleihen, haben rasant an Wert verloren. Wenn die Bank oder die Versicherungsgesellschaft ihre Fälligkeit abwarten kann (1, 2, 5, 10 Jahre oder mehr), wird sie für ihre zu 100 € gekaufte Anleihe 100 € zurück erhalten. Kein Problem. Doch falls sie sie am Markt verkaufen muss, um kurzfristige Verbindlichkeiten zu decken, wird sie nur 80 €, 60 €… erhalten. Und falls der Verlust das Eigenkapital übersteigt, ist die Insolvenz da. Das ist sowohl der Eurovita als auch der SVB passiert.
Eine Meldung hätte die Regierungen und die Bankenaufsicht warnen müssen: Der Rekordverlust von 132,5 Milliarden Schweizer Franken (133 Milliarden Euro) der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im letzten Jahr, zuerst veröffentlicht am 31. Oktober 2022 und schließlich am 6. März dieses Jahres bestätigt. Dieser Verlust ist in erster Linie auf Wertminderungen ihrer Anleiheinvestitionen zurückzuführen. (Anmerkung: Die SNB verbucht ihre Aktiva zum aktuellen Marktwert, wovor sich die Fed und die EZB hüten…) Allerdings kann eine Zentralbank mit einer solchen Bilanz nicht einfach pleitegehen.
Zahlreiche Finanzakteure könnten sich also zu beiden Seiten des Atlantiks in Schwierigkeiten wiederfinden (siehe Credit Suisse). Die Anleihekrise hat gerade erst begonnen.
Die Hauptverantwortlichen dieser Krise sind die Zentralbanken: Sie haben die Zinssätze zu lange bei null gelassen, ohne die Inflation vorherzusehen, die nicht ausbleiben konnte. Danach haben sie ihre Leitzinsen zu schnell erhöht und die globale Finanzwelt damit auf dem falschen Fuß erwischt. Was werden sie jetzt tun? Die Zinsen weiter anheben oder die Druckerpresse wieder in Gang setzen?
Wie Elefanten im Porzellanladen werden die Zentralbanken nur noch mehr Verwirrung stiften, ganz gleich, was sie tun…
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