Die kommenden Zwänge von Rationierung, Kaufkraftverlust und Vermögenssteuer zeichnen sich immer deutlicher ab. Diese Situation ist jedoch nicht ganz neu: Wir werden an die 1930-er Jahre und das Goldverbot von Franklin Delano Roosevelt erinnert.

Bei seiner Amtseinführung im März 1933 erklärt der neue Präsident der Vereinigten Staaten bereits: „Es muss Vorsorge für eine angemessene und gesunde Währung getroffen werden.“ Hat sich die erhoffte Wirkung als richtig erwiesen, wo doch ähnliche Probleme bereits von seinem Vorgänger 1932 gelöst wurden? War die Konfiszierung von Gold ein effizientes Finanzierungsmittel für das Programm des demokratischen Präsidenten? Zwei Jahre nach Beginn seiner Amtszeit wertet Roosevelt den Dollar um 40 % ab, was tiefgreifende Folgen für den Handel der USA hat. Trotz allem gelingt es dem Land, relativ große Goldbestände anzuhäufen, auch wenn diese Politik vorerst noch nicht zum nachhaltigen Wachstum der Wirtschaft führt, die fünf Jahre später, 1938, erneut heftig einbricht.

5. April 1933: Durchführungsverordnung 6102

Am 5. April 1933, einen Monat nach seiner Amtseinführung als 32. Präsident der Vereinigten Staaten, ordnet Franklin Delano Roosevelt die Konfiszierung von Gold in den USA an. Alle Goldmünzen, -barren und -zertifikate müssen vom 5. April bis zum 5. Mai 1933 unter Androhung von 10 Jahren Haft und einer Geldstrafe in Höhe von 10.000 Dollar abgegeben werden (das durchschnittliche Jahresgehalt betrug damals 8.500 Dollar). Nur Juweliere, die Zahnmedizin, die Kunst und die Numismatik bleiben verschont. Doch die Verordnung stieß auf große Vorbehalte und Schätzungen von Friedman und Schwartz gehen davon aus, dass nur 20 – 25 % des Goldes in Privatbesitz den Behörden übergeben wurde (dies entspräche weniger als 95 Tonnen!).

 

 

Weniger als ein Jahr später (am 30. Januar 1934) unterschreibt Präsident Roosevelt den Gold Reserve Act. Dieser legt fest, dass der Präsident per Dekret über den Wert des Dollars in Gold entscheiden darf. Zwischen Dezember 1932 und Dezember 1934 sinkt der Wert des Dollars gegenüber Gold um mehr als 40 %. Der Preis einer Unze Gold steigt von knapp 21 $ im Dezember 1932 auf fast 35 $ im Dezember 1934. Die Haushalte, die ihr Gold behalten haben, konnten so einen beträchtlichen Vermögenszuwachs verzeichnen.

 

 

Obwohl das Wirtschaftswachstum 1933 und 1934 zurückkehrt, führen diese geldpolitischen Entscheidungen zur einer moderaten Inflationswelle. Das Ende der Deflation war in Wirklichkeit schon während der Amtszeit von Herbert Hoover weitgehend absehbar. Die Abwertung des Dollars ermöglichte zudem die teilweise Rückkehr der Inflation. Doch die Deflation sollte 1938, einige Jahre später, noch einmal in Erscheinung treten.

Die Abwertung des Dollars sorgte außerdem für eine Zunahme der Goldzuflüsse aus dem Ausland (Anstieg der Exporte). Während der achtjährigen Präsidentschaft Roosevelts strömte Gold im Wert von mehreren Milliarden Dollar in die USA. 1934 hatte das Gold im Besitz der US-Banken und der Schatzkammer einen Gesamtwert von 4 Milliarden Dollar, während das in Privatbesitz befindliche Gold lediglich einen Wert von 400 Millionen Dollar hatte (10 %). Auf der anderen Seite erhöhten sich jedoch infolge der Dollarentwertung auch die Kosten für Warenimporte erheblich, teilweise um mehr als 70 %. In der Zeit von 1927 – 1930 und von 1935 – 1938 sanken die Exporte je Einwohner daher um 45 %, während die Importe je Einwohner 44 % zurückgingen.

Die Hintergründe einer in erster Linie politischen Entscheidung

In seiner Amtseinführungsrede vom März 1933 erklärt Franklin Roosevelt: Auch muss ein Ende mit jenem Gebaren im Bank- und Geschäftswesen gemacht werden, das sich gläubigem Vertrauen gegenüber nur allzu oft als gewissenloser, selbstsüchtiger Betrug entpuppt hat.“ Anschließend fährt er fort: „Es muss eine strenge Überwachung aller Bankgeschäfte, Kredite und Investitionen eingerichtet werden, um den Spekulationsgeschäften mit anderer Leute Geld ein Ende zu machen, und es muss Vorsorge für eine angemessene und gesunde Währung getroffen werden.“

Doch diese Versprechungen erschienen umso unglaubwürdiger, da sogar seine eigenen Berater Präsident Roosevelt während des Wahlkampfs zu einer Aufgabe des Goldstandards geraten hatten. In dem exzellenten Werk The Memoirs of Herbert Hoover (S. 279) erinnert der 31. Präsident der Vereinigten Staaten in einer Rede vom 4. Oktober 1932 an die geldpolitische Situation. Aufgrund eines Mangels an Goldbeständen sahen sich die USA 1932 von einer ernsten Währungskrise bedroht. Trotz allem ist es Präsident Herbert Hoover gelungen, die Sicherheit des Dollars zu erhalten, ohne auf eine Währungsentwertung oder Konfiszierungen zurückgreifen zu müssen. In seinen Memoiren schreibt er:

„Diese Abflüsse hatten die Goldmenge, die wir zurücklegen konnten, ab einem bestimmten Zeitpunkt reduziert […] Wir konnten den Goldstandard keine zwei Wochen mehr aufrechterhalten, da es unmöglich geworden war, die Nachfrage von Ausländern und unserer eigenen Bürger nach Gold zu decken.“ [1]

 

 

Zu diesem Zeitpunkt im Jahr 1932 hatten die Bürger Gold im Wert von 1 Milliarde Dollar gespart, verglichen mit staatlichen Goldmünzen im Wert von 1,5 Milliarden Dollar (60 % Papiergeld/40 % Gold). Dies entspracht also Goldbeständen von insgesamt 2,5 Milliarden Dollar im Juni 1932. Gleichzeitig erreichte die Rezession ihren Tiefstpunkt. Anfang des Jahres 1932 ist die Anspannung der politischen und geldpolitischen Behörden greifbar. Die Goldbestände müssen erhalten werden, um die Stabilität des Dollars zu gewährleisten und den Bankrott des Finanzsystems zu vermeiden. In seiner Rede vom Oktober 1932 erklärt Hoover:

„Manche rieten zu Verkäufen, bis der Tiefpunkt erreicht wäre. Manche sprachen von der Emission großer Mengen Papiergeld. Manche sprachen davon, die Zinszahlungen auf Staatsanleihen auszusetzen. Manche sprachen von der Einrichtung eines Nationalen Verteidigungsrates. Manche sprachen töricht von Diktatur […] Manche versicherten mir, dass in den Vereinigten Staaten inmitten einer Depression niemand höhere Steuern zum Ausgleich des Staatshaushaltes vorschlagen und eine Wahl gewinnen könne [...]“ [2]

Über die Möglichkeit, Papiergeld auszugeben, um die Stabilität des Dollars zu sichern, urteilte Hoover: „Alle menschliche Erfahrung hat gezeigt, dass dieser Weg nicht mehr verlassen werden kann, wenn er einmal begonnen wurde, und dass dem die moralische Integrität der Regierung geopfert würde.“ Angesichts der verzweifelten Lage entschied er, den Goldhandel mit dem Ausland zu beleben. Und während das Ausland in jenem ersten Halbjahr 1932 Geld abzog, wurde das Währungsproblem ab Sommer 1932 gelöst und Gold im Wert von 275 Millionen Dollar floss in die USA. Die Stabilität des Dollars war gerettet und die erste Phase der Depression überwunden.

Doch als der Oktober 1932 endet tobt der Wahlkampf zwischen Hoover und Roosevelt. Bis dahin hatte F. D. Roosevelt die Währungsfrage trotz seines am „New Deal“ orientierten Wahlprogramms zur Wiederbelebung der Wirtschaft kaum angesprochen. Aufgrund seiner fehlenden Strategie in Währungsangelegenheiten wird Roosevelt zunehmend angegriffen. Er gibt Antwort mittels einer Rede von Senator Glass: Dieser streitet ab, dass es je ein Problem gab oder das Risiko bestünde, der Goldstandard würde aufgegeben. Hoover bezeichnet diese Rede als eine der schmählichsten seiner Karriere. Einige Jahre später erinnert derselbe Senator Glass an die Bedeutung des Goldstandards und dessen Beibehaltung, im Gegensatz zu seinen Aussagen während des Wahlkampfs.

Währungskrise zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Die monetären Schwierigkeiten der Großen Depression sind eine lange Geschichte, deren Ursprung im Beginn des 20. Jahrhunderts zu suchen ist. Der Erste Weltkrieg hatte viele Länder gezwungen, Gold aus ihrer Geldmenge zu entnehmen. In Deutschland wurde die Umtauschbarkeit der Mark in Gold zugunsten einer neuen Währung, der Papiermark, aufgehoben. In den USA ist der Umtausch jedoch weiterhin möglich und der Wertverlust der europäischen Währungen wird unübersehbar. Der Wechselkurs zwischen Dollar und Mark steigt von 1:4,2 im Jahr 1914 auf 1:42 sechs Jahre später. Auch der Franc und das Pfund Sterling bleiben angesichts der explodierenden Staatsausgaben nicht von dieser Entwicklung verschont.

Erst auf der Konferenz von Genua 1922 werden erste Anstrengungen zur Wiedereinführung des Goldstandards unternommen. Das Abkommen lässt den unterzeichnenden Ländern die Wahl, ob sie den Goldstandard wieder etablieren oder den Dollar und das britische Pfund als Reservewährungen wählen wollen. Dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten – zum ersten Mal in der Geschichte – wird damit unweigerlich ein monetäres Privileg zugestanden.

 

 

Schätzungen zufolge hatten die Bürger Frankreichs 1914 rund 1600 Tonnen Gold angespart, während die Banque de France gleichzeitig einen Goldbestand von 1030 Tonnen hielt. In den USA waren die Goldreserven zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch begrenzt. 1915 belief sich der Wert der staatlichen Goldbestände auf 250 Millionen Dollar, was knapp 370 Tonnen Gold entsprach. Der Wert einer Unze Gold war damals auf 19,25 $ festgelegt.

Während den 1920-er Jahren profitierten die USA von ihrer neu erworbenen Stellung als größte Wirtschaftsmacht und Stützpfeiler des internationalen Währungssystems. Trotz der Depression von 1921 (-7 %) wuchs die amerikanische Wirtschaft in diesem Jahrzehnt um mehr als 40 %.

Zusammenfassung

Die Goldkonfiszierung selbst war kein großer Erfolg für Franklin D. Roosevelt. Bei einem Preis von 21 $ je Unze hatte das auf diese Weise eingezogene Gold lediglich einen Wert von 63 Millionen Dollar (bzw. 105 Millionen Dollar nach der Abwertung).  Die Auswirkungen zeigten sich eher im Trauma, welches bei den US-Bürgern und Investoren fortwirkt, als in den konkreten Folgen dieser Maßnahme für die Wirtschaft. Zudem wird oft vergessen, dass Präsident Herbert Hoover vor Roosevelt bereits ähnliche Probleme auf dem Höhepunkt der Großen Depression zu bewältigen hatte. Im Jahr 1932 sanken die Goldreserven des amerikanischen Bankensystems auf ihren Stand von 1928. Die Goldkonfiszierung von Roosevelt folgt so gesehen einer rein politischen Logik, die auch in Frankreich oder im faschistischen Italien zu beobachten war. Während des Wahlkampfes hatte das Lager der Demokraten mit dem Ende des Goldstandards oder der Rückkehr zu einem bi-metallischen System geliebäugelt – ganz im Gegenteil zu dem, was in den folgenden Jahren beschlossen wurde.

In Frankreich wurden zur gleichen Zeit ähnliche Maßnahmen durchgeführt: Im Oktober 1936 wurde hier der Besitz von mehr als 200 Gramm Gold verboten (was damals relativ wenig kostete). Goldbesitz wurde sogar als Schmuggel geahndet. Angesichts des Scheiterns dieser Politik (weniger als 90 Tonnen Gold wurden eingezogen, während sich der Goldbesitz der Franzosen 15 Jahre zuvor auf 1600 Tonnen belaufen hatte), wurde das Gesetz im März 1937 wieder abgeschafft. Die Episode erinnerte an das Goldverbot durch John Law 1720 in Paris. Auch im faschistischen Italien gab es ähnliche Praktiken. Benito Mussolini forderte die Bürger zur Abgabe ihres Goldes auf, um den wirtschaftlichen Wiederaufschwung zu finanzieren. 35 Tonnen wurden auf diese Weise eingesammelt. Die Zeit der Goldkonfiszierungen der 1930-er Jahre ist im Kontext politischer Spannungen, einer Verschlechterung der Konjunktur und der zunehmenden Militarisierung der Staaten zu sehen.

Unterm Strich war das Goldverbot von 1933 keineswegs ein großer Erfolg für Franklin Delano Roosevelt. Sein Vorgänger schätzte es so ein: „ein bedeutungsloses Ergebnis für eine so unverhohlene Verletzung des gegebenen Wortes und der persönlichen Freiheit durch die Regierung“[3]

Die Geschichte trägt immer das Siegel ihrer Akteure…

 


Notes :

[1] “These drains had at one moment reduced the amount of gold we could spare... where we could not hold to the gold standard [more than] two weeks longer because of inability to meet the demands of foreigners and our own citizens for gold”

[2] “Some urged liquidation until we had find the bottom. Some people talked of vast issues of paper money. Some talked of suspending payments of government issues. Some talked of setting up a Council of National Defense. Some talked foolishly of dictatorship... Some assured me that no man could propose increased taxes in the US to balance the budget in the midst of a depression and survive an election.”

[3] The Memoirs of Herbert Hoovers, p.393

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