Am 12. Juli hat der Euro die Parität mit dem Dollar erreicht, was seit 2003 nicht mehr vorgekommen war. Seit 1. Januar hat die europäische Gemeinschaftswährung gegenüber dem Dollar 12 % nachgegeben, was am riesigen und äußerst liquiden Devisenmarkt sehr viel ist. Doch was, wenn sich der Rückgang fortsetzt? Die Frage muss man sich zumindest einmal stellen. Die Baisse des Euros verstärkt die Inflation, da wir unsere Rohstoffe in Dollar bezahlen. Zudem spiegelt der Eurokurs das Vertrauen der globalen Wirtschaftsakteure in die Eurozone wider.

Leider besteht die Gefahr, dass sich der Wertverlust fortsetzt, denn im neuen geopolitischen Gefüge, welches sich abzeichnet, steht Europa gegenüber seinem amerikanischen Verbündeten und Konkurrenten (der Unterschied ist nicht immer eindeutig…) weitgehend als Verlierer dar. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

- Die Rückkehr der Inflation, ausgelöst in beiden Fällen durch das Gelddrucken. Die USA leiden weniger darunter, da der Dollar seine Funktion als weltweite Reservewährung beibehält, auch wenn sein Status bereits angefochten wird. Folglich verteilt sich das überschüssige Geld auf eine breitere Masse und die Nachfrage bleibt erhalten (und sei es nur zum Bezahlen der immer teureren Rohstoffe).

- Der Anstieg der Energiekosten, der schon vor der Invasion in der Ukraine begann, hat sich seitdem beschleunigt, vor allem infolge der Sanktionen gegen Russland. Doch der Unterschied ist bezeichnend: Die USA sind in Energiefragen unabhängig und leiden folglich nur wenig darunter, während Europa abhängig ist und verarmt, indem es immer höhere Preise bezahlen muss. Es besteht sogar die Gefahr einer Knappheit und einer damit einhergehenden Rezession. Wer würde heute Europa „kaufen“ wollen, wenn die Gefahr besteht, dass in Deutschland, den osteuropäischen Staaten und in Italien im Winter ganze Industriezweige lahmgelegt werden?

- Die Reaktion der Zentralbanken. Während die Fed schrittweise Zinsanhebungen umsetzt, um die Inflation zu beruhigen – auch wenn es zu spät ist, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu beurteilen – steckt die EZB in der Zwickmühle und hat kaum Handlungsspielraum. Eine zu schnelle Erhöhung ihres Leitzinses würde die italienischen Schulden in Gefahr bringen (und anschließend zweifellos die französischen), während Nichtstun der Inflation ihren Lauf lässt. Christine Lagarde hofft, dass die Preiserhöhungen nur vorübergehend sind, aber sie täuscht sich. Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben, wie wir bereits im Januar erklärt haben. Die Kräfte, die hier am Werk sind, sind einfach zu stark (Gelddrucken, Energiewende, Sanktionsfolgen, die auch nach dem Ende des Krieges fortdauern werden).

Die Herabstufung Europas ist eine Gefahr. Abgeschnitten von Russland verliert der Kontinent einen leichten und kostengünstigen Zugang zu Energie sowie einen wichtigen Exportmarkt. Was bleibt? Alternde Länder, eingezwängt in eine erdrückende Bürokratie (sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene), die zwar noch produktiv sind, aber unter der vollen Wucht der Verteuerung von Rohstoffen, Energie und Mineralien leiden und eine von Fragmentierung bedrohte, gemeinsame Währung nutzen. Wer würde noch auf den Euro setzen wollen?

Zu Beginn des Euros (1. Januar 1999, die Gelscheine wurden am 1. Januar 2002 ausgegeben), lag der Kurs bei 0,85 Dollar (2. Oktober 2000, 1. Mai 2001, 1. Januar 2002). Das ist also die nächste Grenze, der nächste Abwärtsrekord in der Schusslinie. Im Februar 1985 war der Kurs unter 0,70 Dollar gesunken (der Euro existierte noch nicht, aber der Kurs lässt sich mit Hilfe der Paritäten vom 1.1.1999 rekonstruieren). Ein keineswegs unrealistischer Wert, falls der Öl- und Gasmangel in Europa zu einer ernsten Rezession führt. Die importierte Inflation würde explodieren und die Situation wäre schwer kontrollierbar. Die Zukunft der Gemeinschaftswährung und der europäischen Wirtschaft stünde auf dem Spiel…

Als Sparer lässt sich durch den Kauf von Dollars keine Sicherheit erlangen, denn auch der Dollar leidet unter einer hohen Inflation (er verliert an Wert gegenüber Gütern), sondern selbstverständlich durch physisches Gold.

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