Was könnte die Inflation möglicherweise wieder anfachen? Das ist DIE Frage, die sich Finanzmarktakteure, Großinvestoren, Entscheidungsträger der Geld- und Währungspolitik und auch die ganz normalen Sparer stellen. Sollte die Inflation zurückkehren, wäre es vorbei mit der Nullzinspolitik und die gesamte Finanzlandschaft würde sich radikal ändern: Der Berg der Staats- und Privatschulden würde zu wackeln beginnen, die Banken und Versicherer sähen den Wert ihrer Staatsanleihen abstürzen, die Aktienkurse hätten darunter zu leiden, die Spekulationsblasen – sei es an den Immobilienmärkten oder anderswo – drohten zu platzen etc.

Was wäre ein potenzieller Auslöser für Inflation? Die Geldschwemme der Zentralbanken? Während die Preise finanzieller Vermögenswerte (Aktien, Immobilien, Kunst) stiegen, blieben die Verbraucherpreise weitgehend unverändert – sicherlich aufgrund der starken internationalen Konkurrenz. Steigende Löhne? Die Arbeitslosigkeit ist in den meisten europäischen Staaten niedrig, aber ein Teil der neu geschaffenen Jobs ist prekär und die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes hindert die Menschen daran, höhere Löhne zu fordern.

Da sich die Geschichte nicht immer exakt wiederholt, sollten wir über neue Faktoren nachdenken. Wir glauben, dass der Energiesektor der Übertragungskanal für Inflation sein könnte, aus zwei fundamentalen Gründen:

- Energie ist ein „reales“, greifbares Asset, und diejenigen, die die entsprechenden Rohstoffe besitzen, könnten befürchten, dass die übermäßige Geldneuschöpfung der Zentralbanken zum Wertverlust der Währungen führt. Um sich zu schützen, erhöhen sie ihre Preise. Wir kennen diesen Prozess. Mit ihm lässt sich der Anstieg der Energiepreise zu Beginn des Jahrhunderts verstehen, als die Fed ihren Leitzins senkte, sowie zwischen 2010 und 2015, als die Fed und die EZB ihre QE-Programme gleichzeitig auf Hochtouren laufen ließen.

- Zudem zeichnet sich ein neuer Mechanismus ab: Der Kampf gegen die globale Erwärmung wird die Energiekosten erheblich steigen lassen.

 

 

Tatsächlich werden in Europa hunderte Milliarden Euro in die „Energiewende“ investiert und Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, möchte innerhalb der nächsten zehn Jahre einen „Green Deal“ im Umfang von 1 Billion Euro umsetzen. Die Installation von Offshore- und Onshore-Windparks, Solaranlagen sowie der Ausbau des Stromnetzes, um es für diese intermittierenden Energiequellen zu rüsten, ist teuer! Es gibt jedoch eine Besonderheit zu beachten: Das Geld dafür stammt nicht aus dem staatlichen Haushalt, sondern kommt über verschiedene Steuern, die die Stromkosten und Benzinpreise von Jahr zu Jahr steigen lassen, direkt aus den Taschen der Verbraucher. Dazu kommt noch die schrittweise Abschaltung der Atomkraftwerke, die billige Energie produzieren (und kein CO2 ausstoßen). Auch die „intrinsischen” Energiekosten, zu denen noch die Steuern zur Finanzierung der erneuerbaren Energien kommen, werden also in den kommenden Jahren regelrecht explodieren.

Und Energie wird für alles benötigt. Infolgedessen wird das allgemeine Preisniveau unaufhaltsam steigen. Wir müssen zudem die Umstrukturierungskosten bedenken, die von den Sektoren getragen werden müssen, die aktuell von fossilen Energieträgern abhängig sind, wie beispielsweise die Automobilindustrie. Das könnte die Inflationsraten wieder nach oben treiben, zumindest in Europa. Wie wir wissen, haben die Vereinigten Staaten das Pariser Abkommen zum Klimawandel verlassen und zögern nicht, weiterhin auf fossile Energiequellen zu setzen, während sich auch China nicht um seine CO2-Emissionen kümmert. Ein nur auf Europa begrenzter Anstieg des Preisniveaus hätte noch verheerendere Folgen (Verlust der Wettbewerbsfähigkeit, geringere Kaufkraft, Rezessionsrisiko).

Die Diskussion über die Wahrhaftigkeit des menschengemachten Klimawandels können wir hier übrigens getrost außen vor lassen: In jedem Fall sollte man sich die inflationären Gefahren im Zusammenhang mit dem Energiesektor bewusst machen, die eine schwere Schockwelle durch die europäische Wirtschaft senden könnten.

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