David Rosenberg and Ellen Cooper

Es kann nicht unkommentiert bleiben, dass die kultgleiche Inbrunst, mit der den Kryptowährungen wie Bitcoin inmitten der aktuellen Marktmanie hinterhergejagt wird, sich weitgehend losgelöst hat von Daten und Fakten.

 

 

Bitcoin hat sich tatsächlich als beständigeres Asset erwiesen, als viele nach den ersten Spekulationsblasen 2013 und 2018 vorhergesagt hatten und auch verschiedene hochkarätige institutionelle Investoren bekundeten in den letzten Monaten Interesse. Dennoch sind wir weiterhin überzeugt, dass die Vergleiche zwischen der digitalen Währung und Gold absurd sind.

Es ist verständlich, dass alternative Anlagewerte heute en vogue sind, angesichts der aktuellen Makrosituation, in der die Zentralbanken – allen voran die US-Notenbank Federal Reserve – die Grenzen der Geldpolitik testen und ihre Bilanzen stärker ausweiten als jemals zuvor in der Geschichte, einschließlich der Folgezeit der globalen Finanzkrise.

In Anbetracht des schwindenden Vertrauens in die US-Regierung, während gleichzeitig neue Finanzspritzen in die Wirtschaft gepumpt werden, sind Investoren gut beraten, sich nach einem geeigneten Vermögenschutz als Absicherung gegen die Unsicherheit, Währungsentwertung und Inflationsrisiken umzusehen (auch wenn wir nicht davon ausgehen, dass es in naher Zukunft ernstzunehmende Inflation geben wird).

Unserer Ansicht nach sind dies allerdings Argumente, die für ein breit gestreutes Portfolio sprechen, welches Sachwerte wie Gold einschließt – Dinge, die ihren Wert trotz der aktuellen Risiken behalten. Bei Bitcoin ist jedoch nicht garantiert, dass der Wert beständig bleibt.

Wie wir anhand des massiven Rückgangs um 26% am Sonntag und Montag sehen können (die stärkste 2-tägige Korrektur seit März), ist die Volatilität von Bitcoin noch immer zu extrem und die Kryptowährung ist zu anfällig für Manipulationen, um ein echter „sicherer Hafen“ zu sein – selbst, falls sie langfristig ein höheres Kursniveau halten kann, während mehr und mehr Investoren in den Markt einsteigen. Außerhalb des Hodl-Kults (im Wesentlichen Anleger, die geloben Bitcoin zu kaufen und auf ewig zu halten) investieren viele gerade wegen der enormen Volatilität in die digitale Währung, welche sie für Spekulanten als attraktiven Weg zu schnellem Reichtum erscheinen lässt.

Vergleiche zu Gold sind vor diesem Hintergrund haltlos. Niemand spricht je über das Risiko, dass Gold auf null fallen könnte, weil es das ganz einfach nicht kann. Der Preis des Edelmetalls hat einen Boden, weil seine physischen Eigenschaften es auch ohne seine hauptsächliche Funktion als Safe-Haven-Asset nützlich machen. Der Bitcoin, der nur einen minimalen intrinsischen Wert hat, basiert auf dem Glauben seiner Anhänger, dass er mehr wert ist als nichts, und dass die Technologie dahinter solide ist.

Einer der meistgenannten Kaufgründe für Bitcoin ist die Tatsache, dass schwergewichtige Investoren wie Paul Tudor Jones öffentlich im Fernsehen sagen, dass sie kaufen. Das erinnert mich in gewisser Weise an die E. F. Hutton-Werbespots der 1970-er Jahre. Ach, und bevor wir es vergessen: Gold wird verwendet, um den Strom zu leiten, der beim Mining von Bitcoin so exzessiv benötigt wird. Wenn das mal keine Ironie ist… (Und nicht nur das: Bedenken Sie, dass die meisten Bitcoin-Investoren typischerweise auch Verfechter ökologischer, sozialer und auf Good Governance (kurz ESG) beruhender Investmentstrategien sind. Der Bullenmarkt ist wirklich eine Heuchelei.)

Verstehen Sie uns nicht falsch. Als Nicht-Kryptoexperten haben wir den Eindruck, dass das elektronische Datenbanksystem sowie die integrierten Eigenschaften ziemlich clever sind, beispielsweise das begrenzte Angebot von 21 Millionen Bitcoins und das „Halving“ etwa alle vier Jahre (wodurch die Inflationsrate der Kryptowährung niedrig bleibt). Das weit verstreute Netzwerk macht es zudem schwierig (wenn auch nicht unmöglich), die zugrundeliegenden Daten zu manipulieren.

"20% der bislang existierenden 18,5 Millionen Bitcoins wurden von Nutzern verloren, die ihr Passwort vergessen oder das Gerät ihres Offline-Wallets verloren haben.“ – NEW YORK TIMES

Doch es ergeben sich bereits Probleme. So berichtete die New York Times beispielsweise diese Woche, dass bis zu 20 Prozent der bislang existierenden 18,5 Millionen Bitcoins von Nutzern verloren wurden, die ihr Passwort vergessen oder das Gerät ihres Offline-Wallets (z. B. externe Festplatten) verloren haben, auf dem ihre „Vermögenswerte“ gespeichert waren. Solche Erwägungen lassen das traditionelle Bankensystem für die große Mehrheit der Menschen plötzlich viel attraktiver und sicherer erscheinen.

Auch wenn die Technologie hinter Bitcoin aus heutiger Sicht teilweise revolutionär erscheint, bedeutet das nicht, dass sie nicht beispielsweise durch Innovationen im Bereich der Quantencomputer wieder obsolet wird. Künftige technologische Neuerungen könnten die gesamte Krypto-Sicherheitssphäre in Gefahr bringen, denn die geheimen Schlüssel (Private Keys), die aktuell als völlig sicher gelten, könnten von der Quantentechnologie problemlos geknackt werden. Wie sinnvoll ist es, eine „langfristige Wertanlage” zu besitzen, die auf einer Technologie beruht, die innerhalb von fünf oder zehn Jahren gehackt werden kann?

Gold dient bereits seit Jahrtausenden als Mittel zur Vermögensbewahrung und stellt ein sicheres und leicht verständliches Asset mit beständigem Wert dar, unabhängig davon, ob es mit den Kryptowährungen im Wettbewerb um Aufmerksamkeit steht oder nicht. Und wer kann schon sagen, ob mit dem technologischen Fortschritt in Zukunft nicht auch ein „digitales Gold“ geschaffen werden kann?

Digitale Zahlungssysteme werden zweifellos weiter in den Mainstream vordringen, da auch die Zentralbanken selbst digitale Währungen entwickeln. Wir müssen der künftigen technologischen Entwicklung gegenüber offen bleiben. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Bitcoin zum Alleinherrscher wird: Nur weil er zuerst da war, heißt das noch lange nicht, dass er die beste Option ist oder am längsten überdauert.

Das Fazit: Wir sehen in der Debatte um Gold vs. Bitcoin keine Frage des „entweder oder“. Es ist nicht falsch, einen kleinen – und wir meinen wirklich einen kleinen – Anteil Ihres Portfolios in ein Asset wie Bitcoin zu investieren, wenn Ihre Risikotoleranz es zulässt (oder wenn Sie einfach mit dabei sein wollen). Als umsichtige Investoren behalten wir jedoch eine gesunde Skepsis gegenüber Bitcoin als langfristige Wertanlage, da die an Spekulationsblasen erinnernde Preisentwicklung eher von einer Risk-on-Stimmung als von seiner Qualität als Absicherung gegen Unsicherheiten zeugt.

Werfen Sie einen Blick auf die Preisperformance: Die Volatilität ist 5x höher als bei Gold. Das ist, als würde man Grundnahrungsmittel mit Halbleitern vergleichen. Nur weil er als Zahlungsmittel entstanden ist, bedeutet das nicht automatisch, dass der Bitcoin die Anforderungen an ein Investment erfüllt. Wer sagt schon „Ich will einen Teil meines Anlagemixes in Schweizer Franken umwandeln.“ Aber warum eigentlich nicht Schweizer Franken? Die historisch betrachtet sehr disziplinierte Schweizerische Nationalbank hat das Wachstum der Geldmenge M2 in den letzten fünf, zehn, zwanzig und dreißig Jahren auf die knappe und beständige Spanne von 3 - 5 % beschränkt.

Originalquelle: Financialpost

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